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Lesebericht: Ian Johnson, Die vierte Moschee

26. Januar 2011 | Autor: Heiner Wittmann


> Die vierte Moschee. Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus, da erste gelesene Früjahrsbuch, der
> prallgefüllten Vorschauen 2011. Ian Johnson berichtet in einem
> Video-Interview, wie er auf die Münchner Moschee, die „vierte“ Moschee auf einer Übersichtskarte mit den Standorten wichtiger Moscheen aufmerksam wurde. Damit hatte ihn das Thema gepackt, und die Spannung seiner anschließenden Recherchen dokumentiert er in seinem Buch. Es geht um Gerhard von Mendes (1904-1963) zunächst u.a. als Referatsleiter Kaukasus im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, kurz Ostministerium, tätig war. Mit seinem Buch die Völker der Sowjetunion (1939) trat Mende als überzeugter Antisemit auf. 1941 1941 wird er Professor für Volks- und Landeskunde der Sowjetunion an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. Er interessiert sich für Muslime, baut ein Netzwerk auf, und empfahl, sich der Muslime in der Propagandaschlacht gegen die Sowjetunion zu bedienen. An den Konferenzen nach der Wannseekonfrenz im Januar 1942, die im Ostministerium stattfanden, nahm auch Mende teil. Ihm waren die Pläne der Naziführung hinsichtlich der Ermordung der Juden bekannt. Er bekommt Kontakt zu muslimischen Anführern in Aserbaidschan, Turkestan oder Taschkent aufzunehmen, ihnen die Bildung von Komitees vorzugaukeln und sie somit auf die deutsche Seite zu ziehen. Aber Anfang 1942 verlieren die Deutschen die Gebiete, die das Ostministerium als Verwaltungsbehörde für sich beanspruchen wollte; das Einhalten der Versprechungen gegenüber den Muslims scheiterte.

Es sind die Kontinuitätslinien vom Dritten Reich hinsichtlich der Behandlung der Muslime über die unmittelbare Nachkriegszeit bis weit in die fünfziger Jahre der Bundesrepublik zum Teil mit dem gleichen Personal. Erst versuchen die Nazis sich der Muslims zu im Propagandafeldzug gegen die Sowjetunion zu bedienen, später glaubt der CIA sie – mt allen Vorsichtsmaßnahmen, für Ihre Zwecke einsetzen zu können, nachdem er bereits mit Deutschen aufgrund ihrer guten Kenntnisse aus dem Dritten Reich zusammenarbeitet. Johnson hat genauestens recherchiert und die Lebenswege der Protagonisten – s. Dramatis personae – bis in kleine Einzelheiten rekonstruiert. Dabei kommen erstaunliche Querverbindungen und Bekanntschaften zutage, die so mancher im Dienst der jungen Bundesrepublik für sich zu nutzen wusste.

Nach dem Krieg sucht und findet Mende neue Aufgaben. Nach 1949 gelingt es ihm, in der jungen Bundesrepublik Fuß zu fassen. Die Muslime waren nicht belastet und die Amerikaner mit dem CIA war bereit ihre Mithilfe im Kalten Krieg im Rahmen der Propaganda gegen die Sowjetunion zu prüfen und auch zu nutzen. Die Personen aus dem Ostministerium bekamen neue Herren und konnten Dank ihres Spezialwissen sich als unbelastet gerieren. Die Amerikaner probieren verschiedene Formen der Propaganda aus, bei den Tataren, Usbeken und Turkmenen eingesetzt werden und zu denen auch die Einrichtung von Radio Liberty gehört. Den Amerikanern ist dann aber doch die Verbindungen der Muslime zu den Nazis suspekt, und die USA richten ihr Interesse auf andere Muslime. Johnson schildert, seriös auf Quellen gestützt, wie zu diesem Zeitpunkt, die Gruppe des radikalen Islams zum Zuge kam. Johnson dokumentiert minutiös, wie die Arbeit von Mende in der Nachkriegszeit vom Bundesamt für Verfassungsschutz, vom bayrischen Verfassungsschutz und sogar vom Auswärtigen Amt finanziert wird. Einzelne Personen wie Mende, die aber jeweils ihre Bekanntschaften und ihre Netzwerke über das Kriegsende hinaus bewahrten haben mal mehr, mal weniger die Amerikaner unterstützt. Zu den dubiosen Personen, die ihren Einfluss auch nach Kriesende bewahren könnent gehört Theodor Oberländer (1905-1998), der1953 bis 1960 Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte war. Mit ihm korrespondiert Mende über die Behandlung und den Einsatz der Emigrantengruppen. Ende März kommt Nureddin Namangani nach München. Er hat den Gulag überlebt, war Imam und Hauptmann der SS-Sturmbrigade. Er beginnt die Muslime in München zu organisieren. 1958 gibt es ein Beschluss, aber erst 1973 war die Moschee in München fertig.

Die vielen Einzelheiten, die mit einer großen Zahl von Personen verknüpft ist, fügen sich in diesem Buch zu einem Gesamtbild zusammen, mit dem Johnson Grundlagenwissen über die Entstehung des Islamismus im 20. Jahrhundert vermittelt. Die Erneuerung des Islams, die im 19. Jahrhundert als Forderung angesichts des Fortschritts in der westlichen Welt verlangt wurde, stellt die Frage nach den Gründen für die Schwäche des Islams. Die These von der Unfähigkeit der Muslime den wahren Islam zu lehren, führte zum Islamismus als einem politischen Programm (vgl. S. 134 ff). In diesem Zusammenhang entstand 1928 die Moslembrüderschaft.

Die Kenntnis dieser Kontinuitätslinien und Brüche nach dem Zweiten Weltkrieg ist wichtig, um die Entwicklung bis hin zu den Aktivitäten der Münchener Moschee verstehen zu können. Enttäuschte Hoffnungen, fehlende Kontrolle, falsche Versprechungen, mangelhafte Perspektiven. Viele mag dazu beigetragen haben, dass radikale Islamisten die Oberhand gewannen. In dieser Hinsicht ist die These Johnsons, eindeutig, er meint, dass der Westen am Entstehen des radikalen Islam nicht unschuldig ist.

Ian Johnson
> Die vierte Moschee. Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus</a
Aus dem Amerikanischen von Claudia Campisi
1. Aufl. 2011, 360 Seiten
ISBN: 978-3-608-94622-2

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