Merkur – November 2008

Merkur - November 2008Im Novemberheft des > MERKUR geht es um Kultur, Architektur und Kunst: Roger Scruton, Philosoph und Schriftsteller aus England, berichtet über menschenfeindliche Architektur > Städte zum Leben, die von einigen Größen der Moderne gefördert wurde. Sein Beitrag ist ein wunderbares und sehr einleuchtendes Plädoyer für die Städte Europas, die er für das Wertvollste des westlichen kulturellen Erbes hält. Er bezieht sich in seinen Ausführungen auf Léon Krier (Architektur. Freiheit oderr Fatalismus, München: Prestel 1968) und seinen Bruder Rob Krier (> Literaturhaus Stuttgart, 24. November 2006). Scruton erklärt auch, weshalb manche moderne Bauten nicht in ihr Umfeld passen, in der Sprache der Architekten heißt es, sie sprechen nicht zu ihren Nachbarbauten. Die große > Einkaufspassage hinter dem Stuttgarter Königsbau ist so ein Beispiel. Nur hier sagt der Kuppelbau zum Königsbau: „Du kommst auch noch weg.“ Das > Kunstmuseum direkt neben dem Königsbau gehört in die Reihe der Gebäude, die Scruton als die mit der „vorgehängten Wand“ kritisiert:

Stuttgart, Königsbau

Die Ausblicke auf den Schloßplatz besonders von den oberen Etagen auf dem Gang zwischen Glasscheibe und der Mauer des eigentlichen Museumkerns aus sind durchaus interessant, machen das Gebäude aber noch nicht zu einem Museum: > Kunstmuseum Stuttgart. Diese Gänge machen aus dem Gebäude eine Art Aussichtsturm in mehreren Etagen, die merkwürdig wenig mit der eigentlichen Bestimmung des Gebäudes zu tun haben. In diesem Zusammenhang haben mir Scrutons Bemerkungen über das „Fehlen eines architektonischen Vokabulars“ in bezug auf die „entfremdende Wirkung“ (S. 977) moderner Gebäude gefallen, die ihre Besucher durch Schrifttafeln an ihren Bestimmungsort leiten müssen, weil die Architektur nicht mehr selbsterklärend ist. In diesem Zusammenhang denkt man unwillkürlich auch an das neue Stadtviertel hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof, wo in diesen Tagen der Spatenstich zu einer neuen Bibliothek erfolgen soll: > Kann man ein neues Stadtviertel aus sich heraus beleben? wurde kürzlich auf dem Blog > stuttgart-fotos.de gefragt. Bei Scruton und Krier finden Sie zu dieser Frage viele Erklärungen.

Harry Lehmann erklärt, wieso die Kritik für die zeitgenössische Kunst zwingend notwendig ist. Er meint, dass die Kritik selbst ein Teil der Kunst wird. Besonders seinen Überlegungen zur „autonomen Kunst“ und zu ihrem Korrelat einer „autonomen“ Kunstkritik“, die beide einander bedingen, sind interessant und bestätigen auch die Ansätze die Camus und Sartre in ihrer Kunstkritik verfolgen. (1)

Daniel Hornuff untersucht die „Bildwissenschaft“ und zeigt ihre Defizite auf. Ernst Osterkamp zeigt das Frauenbild Stefan Georges, in Werk und Leben, und kommt wie kaum anders zu erwarten eher zu negativen Ergebnissen. Peter Horst Neumann schreibt über deutsche Nachkriegsliteratur, und Sanford Schwartz über den rätselhaften figurativen Maler Peter Doig. Richard Klein untersucht die Medientechnologie Richard Wagners. Volker Gerhardt hat wieder eine Philosophiekolumne verfaßt, während Kenan Malik multikultureller und antirassistische Ideen unter die Lupe nimmt.

(1) H.W., Sartre and Camus in Aestethics. The Challenge of Freedom. Übersetzt von Catherine Atkinson, i. Vb. 2009.