Für ein Symposium über die Gegenwartskunst, wären die beiden ersten Artikel in dieser Ausgabe perfekt geeignet. Beide Autoren nennen in ihren Essays viele wichtige Faktoren, die den heutigen Kunstbetrieb definieren. Allerdings scheint es, als ob Kommerz und moderne Medien ihr Nachdenken über Kunst doch sehr stark beeinflussen. Da kommt man heute nicht drum herum. Aber in den Museen fällt den Besuchern vielleicht noch mehr ein. Und der apodiktische Satz, Kunst sei nicht autonom, darf diskutiert werden. Der Schriftsteller und Unternehmer Ernst-Wilhelm Händler untersucht das Nebeneinander von „Kunst, Kritik und Geld“: „Es gibt in der Gegenwart keine Kunstkritik.“ (S. 5) und ein weiterer Satz „Die Kunst hat es nie gegeben, und die Kunst war niemals autonom,“ (S.6) Zur Kunstkritik fällt uns der wunderbare Band von N. Zepter ein: > Lesebericht: Nicole Zepter, Kunst hassen. Natürlich denkt man bei Kunst auch an Geld. Kein Gallerist und auch kein Künstler würde ohne diesen Zusammenhang überleben. Beschränkt man sich aber auf Kunst und Kritik, dann kann man es mit Sartre halten, der auf das unauflösbare Verhältnis zwischen der Freiheit, dem Malen und dem Schreiben verweist, beides menschliche Aktivitäten, menschlich weil frei, so sagt es Sartre in einem Interview mit > Michel Sicard: vgl. H. Wittmann, Sartre und die Kunst, Tübingen 1996, S. 29 f. Für Sartre folgt daraus auch die unbedingte Autonomie der Kunst, die er (wie sich selber) gegen jede Vereinnahmung entschlossen verteidigt. Man darf noch hinzufügen, die Werke aller Künstler (Wols, Calder, Tintoretto, Masson, Giacometti) die er untersucht hat, waren neu für ihre Zeit, gegen den Mainstream gerichtet, eben autonom und frei. Aber Händler kommt noch auf die „emanzipatorische Wirkung der Kunst“ (S. 12) zu sprechen: das sei „schon immer kühn“ gewesen, davon zu sprechen, meint er. Die Trennung von Vorgängerkünstlern würde nicht eine „durchschlagende gesellschaftliche Wirkung“ (S. 12) ergeben. Kann sein, kann aber auch nicht sein. Das Angebot des Künstlers, über das Werk hinauszugehen, weiterzugehen, ist jedenfalls vorhanden, manche nutzen es, andere nicht.
Der Argeniner César Aira schreibt über „Zeitgenössische Kunst“. Die Reproduktion und die Digitalisierung gehören zu seinen Themen, und er denkt ganz grundsätzlich über die Reproduzierbarkeit von Kunst nach und kommt zu den Ursprüngen der Kunst. Er glaubt, der Kunstbetrieb verändert sich heute durch neue Techniken, das war natürlich früher auch so, aber heute meint Aira eine ganz neue Qualität der Veränderung unter dem Einfluss der Medien und dem sinkenden Grenzertag zu erkennen.
Die Verfassungsrichterin Susanne Baer erzählt in einem Interview, was sie aus dem Innern des Verfassungsgerichts erzählen darf.
Philip Manow hat nicht nur für Politikwissenschaftler eine interessante Idee. Alles ist in Bewegung, schauen wir uns doch mal an, wie »politische Gehen« funktioniert. Roman Köster ist Ökonomiekolumnen-Debütant und hat sich einen Mythos der Wirtschaftskritik vorgenommen: es geht umd die „geplanten Obsoleszenz“ von Geräten: unserer Birne im Badezimmer geht alle zwei Monate kaputt, mein Kassettenrekorder funktioniert immer noch bestens, den konnte die Industrie nur durch CD-Player abschaffen. Ulrich Gutmair rezensiert Matthias Sträßners Buch Erzähl mir vom Krieg! das über die die Aktivitäten von vier Journalistinnen in und nach dem „Dritten Reich“. Emile Chabal und Stephan Malinowski beobachten den Streit unter britischen Historikern über einen europäischen »Sonderweg« Großbritanniens.
Der Jurist Horst Dreier untersucht, wie ein legaler Weg zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ aussehen könnte. Markus Schroer will eine Geosoziologie begründen. Hans Dieter Schäfer hat in Wie studiert. Und Stephan Herczeg setzt sein Journal fort.