In diesem Monat kommt der MERKUR mit dem Schwerpunkt: China heute:
Dominic Sachsenmaier berichtet Chinas Metropolen im Wandel: „Wie in einem Brennspiegel verdichtet sich in Chinas Metropolen ein dezidiertes Modernisierungsprogramm.“
Alec Ash erzählt von Fred: Die Einzelkinder: und ihre Ausbildung in der Schule und auf der Universität: Die Politik war überall im Studium präsent. Ash gelingt es, mit der Geschichte von Fred einen bewegenden Einblick in das Studentenleben in China zu geben: „Der Staat war auf dem Campus spürbar präsent; hier war der Parteisekretär mächtiger als der Hochschulpräsident. […] Freds Professoren wussten, wo die rote Linie verlief: kein unverhohlenes Diktat, sondern ein stillschweigendes Einvernehmen darüber, was man besser nicht sagte. Sie befand sich am Geburtsort der Bewegung des Vierten Mai und der Tiananmen-Proteste, dem Ursprung der Bewegung für Neue Kultur und des chinesischen Kommunismus. Aber ihre Altersgenossen waren eine andere Art »neuer Jugend« und eine Generation, die sich nicht mehr wirklich für Geschichte interessierte. Die Tradition studentischer Proteste war abgebrochen.“ S. 27
Sheng Yun berichtet mit ihrem Beitrag über ihre Erlebnisse als Einzelkind Kleine Kaiser und die Folgen der Ein-Kind-Politik, die erst 2015 beendet wurde.
Hans Steinmüller hat den Wa-Staat. besucht: Steinmüllers Artikel ist Teil eines langfristigen Forschungsprojekts zur Geschichte und Gegenwart lokaler Politik in der Grenzregion von China und Burma. Seit 2013 hat der Autor, wie er in einer Fußnote anmerkt,insgesamt fünf Monate Feldforschung in den Wa-Bergen betrieben. „Der Wa-Staat ist ein Staatsgebilde von der Fläche Oberbayerns im Nordwesten Burmas, das von einer Rebellenarmee regiert wird.1 Offi ziell ist der Wa-Staat ein Teil der Union von Myanmar; in Wirklichkeit wird die Region jedoch von einer unabhängigen lokalen Armee regiert; der burmesische Staat und seine Armee haben kaum Einfluss darauf, was im Wa-Staat passiert. Direkt an der Grenze zur Volksrepublik China gelegen, ist der Wa-Staat in vielerlei Hinsicht China näher als Burma.“ S. 28 Steinmüller vermittelt uns einen faszinierenden Einblick mit den Stichwörtern Maoismus und Autoritärer Kapitalismus in Chinas »Bergfestung« im Hochland Burmas: „Die Bewohner des Wa-Staats haben sich durchweg pragmatisch verhalten. In einem Umfeld, das von Krieg und Gewalt geprägt war, haben es manche Wa verstanden, gezielt ihren Nutzen zu ziehen, sei es in ihrer Positionierung zwischen China und Burma, in ihrer Politik gegenüber der lokalen Opiumproduktion oder in ihrem Verhandeln mit chinesischen Geschäftsleuten.“ S. 38 Sein Fazit: „»Wir sind die Afrikaner Chinas«, sagte mir ein Offizieller des Wa-Staats im Sommer 2015. Tatsächlich ist der Wa-Staat in vielerlei Hinsicht eine »Neokolonie« Chinas.“ S. 38
Sonntag, 31. Juli 2016:
David Kuchenbuch denkt über das Aufessen nach und erinnert sich daran, wie eine »Fernmoral« entsteht: Zur Genealogie des glokalen Gewissens. Ein achtlos weggeworfenes Pausenbrot und die darauf folgenden Ermahnungen der Lehrerin waren der Auslöser für das Nachdenken über die globalen Folgen von Hunger und Unterernährung. „Selbstbegrenzung im Raumschiff Erde“ und die „Aktivierung im Nahbereich“ sind die Folgen: „Ein Schritt zur Rückgewinnung unserer ethischen Souveränität wäre jedenfalls die Arbeit am Unterscheidungsvermögen zwischen dem, was wir tatsächlich im Supermarkt, am Esstisch, auf dem Pausenhof ändern können und sollten – und dem, wozu wir gezwungen zu werden bereit sein müssen, damit auch andere dazu gezwungen werden können.“ S. 51
Gertrude Lübbe-Wolff nimmt sich in ihrer Rechtskolumne die Geheimniskrämerei bei TTIP vor. s ist ja schon richtig schwer, die Abkürzungen zu verstehen: TTP, das Transpazifische Partnerschaftsabkommen zwischen den USA, Kanada, Mexiko, Chile und weiterer Pazifikanrainer, unter anderem Japan, außer Indien oder China, ist abgeschlossen. Kanada und die EU bereiten ein »Comprehensive Economic and Trade Agreement« (CETA) vor, und USA und die EU verhandeln immer noch und der EU wird über eine »Transatlantic Trade and Investment Partnership« (TTIP) verhandelt. Lübbe-Wolff beroichtet über Vertraulichkeiten, mit denen die Partner die Geheimniskrämerei rechtfertigen wollen und sie fragt Mit recht nach Demokratiekomptabilen Rolle des Gesetzgebers?. Sie konzediert „Im Zuge internationaler Verhandlungen kann es legitime Geheimhaltungsinteressen
geben.“ S. 61 Aber ihr Fazit ist eindeutig: Aber wenn es um Vertragsverhandlungen in Gesetzgebungsdingen geht, gibt es unter den heutigen Bedingungen von Demokratie und Technik keinen, jedenfalls keinen im Gewaltenteilungsprinzip liegenden Grund mehr, fällige Abwägungen zwischen solchen Interessen und dem gegenläufigen Interesse an öffentlicher Diskussion und informierter parlamentarischer Willensbildung gerade der Exekutive zu überlassen sein muss. ebd.
Christian Demand nimmt in seiner Memorialkolumne über Denkmäler die Reise der russischen Bikertruppe „Nachtwölfe“ 2015 zum sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin zum Anlass darüber nachzudenken, wie die tatsächliche Nutzung von Denkmälern sich von den Intentionen ihrer Stifter unterscheiden kann.
Jakob Hessing hat die Briefe von Joseph Roth (1894-1939) und Stefan Zweig (1881-1942): Zwei Welten von gestern gelesen, die beide sich elf Jahre lange zwischen 1927 und 1938 geschrieben haben. Beide österreichische Juden spüren schon, „ihre prekäre Existenz am Abgrund“. S. 79
Lyrik von Erín Moure, O Cadoiro: „Bist du das, aus der ferne, blendest mich?“ S. 87 und ein Essay von
Uljana Wolf, Translantische Tapisserien. Zu Erín Moures »O Cadoiro« und zum Übersetzen mehrsprachiger Lyrik.
In den Marginalien schreibt Philip Manow Das Parlament, der Filibuster und die politische Romantik und Günter Hack über Zeit und Zaunkönig. Harry Walter sagt uns, was Schrankwände verbergen: Total Recall. Schrankwand mit Aussicht
> MERKUR – Heft 08 / August 2016
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