Im > Dezember Heft 775 des MERKUR machen sich die SZ-Feuilletonisten Lothar Müller und Thomas Steinfeld Gedanken zur Zukunft der gedruckten Zeitung auf der Grundlage eines historischen Darstellung des Pressewesens. Dabei ist kein Pessimismus angesagt, sondern sie setzen auf die Chancen, die die digitale Welt den Zeitungen bietet: „Die Zukunft der Zeitung“. Zitieren, wir nur eine ihrer Bemerkungen, die dennoch daran erinnern, dass der Zeitungsjournalismus viel mehr zu bieten hat als die Diskussion über die Digitalisierung: „Es gibt nur eine Art, Autorität zu erwerben: durch Wissen, Klugheit, Verlässlichkeit, durch freie, begründete Urteile, die der Diskussion unterworfen werden und bei denen Wiederholungen nicht schaden.“ (S.1094) DIe digitale Welt wird aber die wohldurchdachte Ordnung einer Zeitung nie toppen können: „Der auf Papier gedruckten Zeitung steht mit dem Internet ein Medium gegenüber, das keine einheitliche Ordnung kennt, sondern allenfalls Schichten oder Skalen möglicher Ordnungen.“ (S.1097)
Patrick Eiden-Offe schreibt einen Nachruf auf den Ökonom und Sozialwissenschaftler Albert O. Hirschman :“A man, a plan, a canal.“ Hier geht es nicht nur um Hirschmans Biographie auch um spannende Wirtschaftsgeschichte. – Manfred Henningsen hat das Holocaust Memorial Museum in Washington besucht:“Terror und Erinnerung“ und berichtet über viele andere Denkmäler weltweit. – Andreas Dorschel erzählt von einem Fund, den Hermann Cladder am 27. Oktober 2011 bei Grabungen nahe der Nekropole von Aphroditopolis, heute Gebelein, in Oberägypten machte: „Ein verschollen geglaubter Brief der Korinther an Paulus“.
Mit der Geschichtskolumne „Kritik am Westen in der globalisierten Welt“ rezensiert Sebastian Conrad zwei Bücher von Pankaj Mishra, From the Ruins of Empire. The Revolt Against the West and the Remaking of Asia. London: Allen Lane 2012; Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens. Frankfurt: Fischer 2013. – Die Sprachkolumne „Der Führerin entgegenarbeiten“ von Daniel Scholten vermittelt Sprachgeschichte und mach Lust auf mehr: „Frauen ausdrücklich zu erwähnen, wo es wie bei den Nürnberger Jüdinnen um Gleichstellung geht, lautet die eigentliche Idee. Beim nächsten Mal werde ich zeigen, warum diese Idee gut funktionieren könnte, hätte sich daneben nicht eine auf Irrtümern gründende Ideologie etabliert und das politische Handeln erreicht: das Hirngespinst, unsere Sprache müsste geschlechtsneutralisiert werden.“ (S. 1148)
Jakob Hessing hat sich mit der Werkausgabe Mascha Kalékos „Déjà-vu mit Widerhaken“ beschäftigt, und Franz Leander Fillafer hat die Bücher von Markus Gabriel, Warum es die Welt nicht gibt. Berlin: Ullstein 2013″, und Paul Boghossian, Angst vor der Wahrheit. Ein Plädoyer gegen Relativismus und Konstruktivismus. Berlin: Suhrkamp 2013, gelesen und findet sie offenkundig nicht überzeugend.
In den Marginalien greift Heinz Bude „Jean Amérys Idee des Politischen“ „Die existentielle Geste“ wieder auf. Ich erinnere mich noch deutlich an sein Stimme. So oft im WDR III. Am Abend vorgestellt. Um 22 h 30. – Wolfgang Marx berichtet über „Sartre und die Tröstungen der Freiheit“ und zeigt mit seinem Beitrag, dass Sartres Überlegungen zu Freiheit uns heute noch faszinieren können: „Man »wählt« das Unvermeidliche, dann ist man frei. Und das Merkwürdige dabei ist, dass sich die Dinge tatsächlich ein wenig ändern, wenn man imstande ist, sie mit anderen Augen anzusehen, nicht grundlegend, Kaserne bleibt Kaserne, aber doch ein wenig. Ob ich den 1170 Marginalien Menschen dort mit wohlwollender Neugier oder mit arroganter Ablehnung begegne, kann zu sehr unterschiedlichen Erfahrungen führen.“ (S. 1169) Da ist z . B. der „coefficient d’adversité des choses“, mit dem > Sartre dem Menschen die Fähigkeit zuschreibt, darüber zu bestimmen, was für einen Widerstand ihm die Dinge, mit denen er umgehen will, entgegensetzen.
Von Josef Girshovich stammt der Beitrag „Europa, Europa, Sterne am Himmel, reich mir die Knarre“ – Pierre-Frédéric Weber fragt „Wie normal ist Polen?“ und Günter Hack „Die Himmel der Mauersegler“ über Sevilla. Und zum Schluss noch „Journal (IX)“ von Stephan Herczeg.
Eine beeindruckende Vielfalt. Statt eines beschreibenden Inhaltsverzeichnisses hätte ich auch einmal mehr einen kleinen Aufsatz verfassen können, wieso, ich mich jeden Monat seit vielen, vielen Jahren darauf freue, den MERKUR in meinem Postfach vorzufinden. So viele Anregungen in den vielen Schnittpunkten von Literatur, Geschichte, Soziologie, Philosophie und Wirtschaft. Neue Bücher, die man übersehen hat, geraten in den Blick, der Ton grundlegender Diskussionen wird glasklar angeschlagen.
Den MERKUR gibt es jetzt auch günstig im > Merkur-Miniabo.