MERKUR 780 – Mai 2014

Wenn man den MERKUR aufblättert und gleich darüber schreiben will, solange er noch ganz druckfrisch ist, kann es leicht passieren, dass man sich drin festliest, die Zeit vergisst, dann wieder andere Bücher liest und schon kommt dieser Beitrag ein bisschen zu spät, derweil das nächste Heft Nr. 781 schon bald im Postfach liegen wird. Dieses Heft ist vor allem für Literaturwissenschaftler und überhaupt für alle, die sich für Literatur und alles drumherum interessieren eine echte Fundgrube.

Thomas Steinfeld erinnert an General Stumm (Musil!, Der Mann ohne Eigenschaften – alle sagen, „bin irgendwo steckengeblieben“, 2004 ich nicht.) und hat eine sehr lesenswerte Betrachtung über die Werkstatt der Literaturwissenschaftler verfasst: von den russischen Formalisten bis heute. Ein gute Tipp auch für die Theoriebildung in Seminaren, eine gelungene Anregung für Studenten, die dabei auch erfahren, was den Kern des MERKUR ausmacht, der immer eine Anleitung ist, über die Grenzen des eigenen Fachgebiets hinauszugucken und dabei sehr viel über das eigene Fach zu lernen. Die Redaktion des MERKUR schreibt zu diesem Artikel: „Im Aufmacher des Maihefts (Nr. 780) erinnert Thomas Steinfeld an die großen Zeiten der Theorie in der Philologie und wünschte sich ihre Rückkehr – könnte man sich diese denn wünschen. Die Zeiten aber sind andere, denn die Liebe und der Schmerz, die für Steinfeld am Ausgang aller Theorie stehen, fehlen im heutigen (wissenschaftlichen) Verhältnis zur Literatur.“ Und das passt auch gut dazu.

Martin Sabrow untersucht untersucht die nationalsozialistische und der kommunistische Diktatur: Die „Zeit der Diktaturen“. Das ist ein interessanter Ansatz, der
Historikern neue Einsichten eröffnet.

Claudia Basrawi beobachtet intelligente Oberflächen im Oman. Friedrich Wilhelm Graf liefert eine erste Religionskolumne. Eckhard Schumacher liest Diedrich Diederichsens Grundlagenwerk Über Pop-Musik, und Stephan Lessenich analysiert den Wandel des Bildes vom Alter. Claudia Basrawi reist durch den Oman und liefert einen erstklassigen Reisebericht. Jonathan Lethem, der uns kürzlich zu einem Gespräch empfangen hat, hat > Talking-Heads-Platte Fear of Music verafasst. Das Buch wird am 19. Juli 2014 unter dem gleichnamigen Titel mit dem Untertitel „Ein Album anstelle meines Kopfes“.

Eckhard Schumacher berichtet in der Popkolumne über Diedrich Diederichsens Grundlagenwerk Über Pop-Musik. Friedrich Wilhelm Graf analysiert den Zustand der beiden großen deutschen Volkskirchen: das ist die erste Religionskolumne. Susanna Elm schreibt in der zweiten Folge der Reihe »Neues aus der Alten Welt« über Neues aus der Spätantike. Michael Rutschky erinnert an „Vergessene Dichter“, diesmal an Heinz Risse.

Stephan Lessenich beobachtet den Wandel des Bildes vom Alter. Rudolf Burger, „Fallhöhe“ legt eine „Nachbemerkung zur Moralistik des Absurden“ im Werk von Albert Camus vor. Burger zitiert Foucault, kommt aber nicht auf den Gedanken, ihm heftig zu widersprechen, nein es gibt gar keinen Grund den Humanismus Camus‚ oder Sartres in Frage zu stellen, zumal wenn man bedenkt, dass das Absurde bei Camus in erster Linie ein Diagnose, danach formuliert Camus den Auftrag an den Künstler sich ohne Wenn und Aber für die Freiheit einzusetzen, so wie Sartre das auch gemacht hat. Burgers Analyse des Absurden bei Camus ist auch deshalb so lesenswert, weil er ganz nebenbei sagt, wie Camus mit diesem Ansatz sein Gesamtwerk geprägt hat und dass dieser Begriff kein isoliertes Phänomen in einem seiner Werke ist. Aber es ist überall der Ausgangspunkt für die Aufforderung nicht nur an den Künstler entschlossen zu handeln. Wir brauchen De Humanismus von > Camus und Sartre heute immer noch. Ein Beispiel unter vielen seines Engagements: > Gegen die Todesstrafe.

Susanne Röckel war in der Stadt Calafat. Jens Soentgen staunt immer noch zu Recht, wieviel Zeit Outlook uns klaut. Stephan Herczeg hat sein Journal weitergeschrieben.

Jetzt wissen Sie schon wieder ein bisschen mehr, wieso ich mich jeden Monat auf den MERKUR freue. Manchmal kann man sich an einigen Seiten reiben, und erstaunt rufen, nein, das ist ganz anders, aber sonst wäre es auch langweilig.

> MERKUR Heft 05 / Mai 2014