Das Januar-Heft des > MERKUR ist erschienen. Bisher ist es Ihnen nicht verborgen geblieben, dass der MERKUR zu meiner monatlichen Lieblingslektüre gehört. Es ist der Querschnitt durch viele Interessengebiete, die seine Lektüre so faszinierend macht. So vielfältig, dass viele den Schnittpunkt ihrer Interessen leicht wiederfinden. Aber eben doch nicht ein beliebiger Schnittpunkt. Es ist die Auswahl der Themen und die Art und Weise, wie es den Herausgebern immer wieder gelingt, die Probleme auf den Punkt zu bringen, der die Qualität dieser Zeitschrift so auszeichnet.
Im Janaurheft bespricht John R. Searle das Buch von Paul A. Boghossian, Fear of Knowledge. Against Relativism and Constructivism. Oxford, Oxford University Press 2006: Die Angst vor Wissen und Wahrheit: Über Relativismus und Konstruktivismus. Abgesehen davon, dass Searles Beitrag ein wunderbares Lehrstück ist, wie man so eine Besprechung anfertigt, sei dieser Beitrag allen, die sich gerne mal über den wissenschaftlichen Anspruch ihres Faches Gedanken machen wollen und sollten, unbedingt empfohlen. Zu diesem Beitrag passt auch die Marginalie in diesem Heft von Peter Ulrich: Republikanischer Liberalismus. Zum Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft. Zwischen beiden muss, so Ulrich, stärker unterschieden werden. Es gilt, jeweils die Rolle der Bürgergesellschaft und die der Marktwirtschaft genauer zu definieren, denn sonst können politikwissenschaftlich korrekte Aussagen weder über das eine noch das andere gemacht werden. Salopp ausgedrückt: Worüber reden wir eigentlich? Wahrheit, Realität, Wissensansprüche, Objektivität und Rationalität: Searle bringt Ordnung in diese Begriffe, untersucht die Argumente Boghassians, nuanciert und bewertet sie und legt auf diese Weise hochinteressante Anregungen für wissenschaftstheoretische Überlegungen vor.
Literaturwissenschaftler, Historiker, Politikwissenschaftlicher, medientinterssierte jeder Art, Journalisten, und die Aufzählung geht noch lange weiter sollten den bweitrag von Michael Esders lesen: Storytelling: Über die Enteignung des Erzählens, der auf das Buch von Christian Salmon: Storytelling, La machine á fabriquer des histories et à formulerr les eprits, Paris, Edition La Découverte 2007, hinweist. Hier geht es um die Veränderung des Erzählens unter dem Einfluß der neuen Medien und z. B. um das was die Unternehmen aus der „Produktivkraft des Narrativen“ machen. Die vielfältigen Bezüge zur Literaturgeschichte und zu Themen aktueller Unternehmenskommunikation machen Esders Beitrag zu einem hochspannenden Beitrag. Remarquons en passant: Liest man Albert Camus’s L’homme révolté mit seiner Romantheorie wird man merken, welche Rolle Erzählungen und Romane hinsichtlich politischer Entwicklungen zukommt. Esders Beitrag ist am Schnittpunkt von Politik, Geschichte, Soziologie und Literatur angesiedelt. Wie in meinem Buch über > Sartre bin ich aber auch hier nicht mit François Lyotard einverstanden, der von Esders zitiert wird. Lyotard lobt das Erzählen in all seinen Feinheiten, meint aber die Sehnsucht danach sei verlorengegangen. Ob das stimmt? Wenn ich an die vielen Veranstaltungen im > Stuttgarter Literaturhaus denke, kann ich das gar nicht glauben.
Volker Gerhardt hat einige kritische Anmerkungen zum Motto eines Festspielsommers 2009 unter dem Titel Spiel der Mächtigen notiert.
Co2. Das Thema! Gunter Schäble hat sich ihm angenommen und es von allen Seiten kritisch untersucht: Co2-Zwerge oder Mensch im Klima: „Mensch und Dackel sind aus gleichem Haus. Beiden fehlt es an Faulheit, beide sind etwas zu regsam oder rastlos oder motorisch gestört und ein bisschen todessüchtig. Der Mensch geht regsam und ein bisschen todessüchtig mit dem Klima um, der Dackel ebenso mit dem Wild.“ > Wollen Sie weiterlesen?. Sein Beitrag erinnert an den Kommentar der FAZ (Daumenschraube, 2.1.2010: Je sauberer der Diesel, je feiner der Staub, umso gefährlicher ist er. jeder präsentiert neue Zahlenspiele und heizt die Diskussion noch mehr an. Um was geht es? Um das CO2, das „Dreitausendsechshunderstel der Athmosphäre“ (S. 42) ausmacht? Angesichts der menschlichen Aktivtäten, die Schäble aufzählt, strengen wir uns maßlos an, diesen Anteil zu erhöhen. Irgendeine Reduzierung ist in ferner Sicht.
In der Ästhetikkolumne berichtet Wolfgang Ulrich wie sich das Berufsbild des Künstlers wandelt und Karin Horn erklärt, wie man Nobelpreisträger im fach Ökonomie wird. Cord Riechman schreibt über Alexander von Humboldt: Ziemlich viel Raum. Wolfram Hogrebe reznesiert Johannes Stüttgen, Der ganze Riemen. Joseph beuys – der Auftritt als Lehrer in der Kunstakademie 1966-1972, Köln, Walther König 2008: Gral und Waschmaschine. Jacob Hessing beschreibt die Situation der Juden der Bundesrepublik: Zickzackgeschichte und Carlos Widmann zeigt die Zusammenhänge zwischen Ezra Pound und der Wiederbelbung des Sozialfaschismus in Italien: Der Club des toten Dichters. Thomas Frahm erjkärt, wieso dei Transoformation in Bulgarien so schwer ist: Die nächste Wende kommt bestimmt.. Christian Engelbrecht hat einen Angestellten in Leipzig-Grünau besucht: Kremer will zurück ins Leben.