Das Maiheft des Merkurs wendet sich der Politik und der Kunst zu. Viele Anregungen zum Hintergrund der aktuellen politischen Themen! Dieses Monatsheft präsentiert eine spannende Mischung von grundlegenden politischen Analysen: Institutionen, Wahrheit, Solidarität, direkte Demokratie, Freiheit, das ist ja schon fast ein Grund- und Hauptstudium zusammen. Blättern wir mal im neuen Heft:
Uwe Volkmann erklärt sein berechtigtes Anliegen schon mit dem Untertitel seines Aufsatzes Verführung des Absoluten „Warum wir unsere demokratische Institutionen lieber pflegen statt verachten sollten“. Aber im ersten Absatz stellt Uwe Volkmann fest, mit Blick auf den Parlamentarismus und Carl Schmitt (1926), „Wirklich ins Herz geschlossen hat man ihn (i.e. den Parlamentarismus, W.) hierzulande nur selten.“ Ist das wirklich wahr? Das könnte man lang und breit diskutieren. Wenn man bedenkt, wie stark der Bundestag mit seinen oft sehr gelichteten Reihen von Ausschüssen jeder Art und der Vorherrschaft der Parteigremien eingerahmt wird, kann man der Bemerkung von Volkmann zustimmen, andererseits ist der Bundestag das zentrale Vorgang unserer Demokratie, und Carl Schmitts Skepsis passt heute nicht mehr auf ihn. Eigentlich wollte ich jetzt weiterschreiben, aber so einfach ist das nicht. Beiträge wie die von Volkmann, überhaupt die Beiträge gerade in diesem Heft verlangen eine gehörige Konzentration, weil sie so zum Weiterdenken aber auch zur Kritik auffordern. Schade, der kleine Lesebericht auf diesem Blog darf leider nicht zu einer Besprechung des ganzen Heftes ausarten.
Uwe Volkmann hat Grundsätzliches im Sinn. Ihm geht es um den Abgrund, der sich zwischen dem Volk und seinen gewählten Repräsentanten öffnet. Die Stichworte sind Stuttgart 21 oder der immer lautere Ruf nach Volksentscheiden. Er gibt aber zu, dass das Ansehen von Politik „gerade heute auf einem historischen Tiefstand angekommen“ (S. 389) ist. Aber es ist was dran, wenn Volkmann meint, unser heutiger Parlamentarismus mit seiner Volksnähe, einer „Form der unmittelbaren Demokratie“ (S. 390) werde unterschätzt. Volker Gerhardt wendet sich der Wahrheit und Lüge in der Politik zu und warnt vor einer „Verselbständigung der politischen Klasse“ (S. 402). Benno Heussen stellt Kevin vor, dessen Skiutensilien von Mutter Staat finanziert werden. Eine Gelegenheit für Heussen die Leistungen unseres Sozialstaates unter die Lupe zu nehmen. Matthias Zimmer fragt in seinem Beitrag nach den Grenzen der Solidarität.
Tanya Gold hat eine Expedition ins linke London unternommen. Weht hier die rote Fahne?, will sie wissen. Und sie begibt sich auf die Erforschung er Wahlsoziologie und stellt die vier Labour-Wahlkreise im Londoner Norden vor.
In seiner Rechtskolumne Direkte Demokratie versus Grundgesetz? rückt Horst Dreier einige Ausdrücke und Begriffe zurecht, die während der Debatte um Stuttgart 21 einer gewissen „Sprachverwirrung“ (S. 434) anheim gefallen sind. 20 Personen diskutierten, es gab einen > Schlichterspruch, den man den politisch verantwortlichen übermittelt hat. Sprachverwirrung deshalb, weil dieses Verfahren mit Worten kaum bezeichnet werden kann. Vielleicht müsste man es öffentliche Nachhilfe nennen? Das Ergebnis ist im wahrsten Sinne des Wortes fragwürdig, weil die Interpretationsversuche des Schlichterspruchs immer noch andauern. Das Gerangel um Verfahrensfragen, Zuständigkeiten, Volksbeteiligung oder Volksbefragung, direkte Demokratie oder Mitmachdemokratie, kurzum, der Beitrag von Dreier kommt gerade richtig, um die Begriffe wieder ins Lot zubringen.
Kathrin Passig legt in ihrer Internetkolumne Sümpfe und Salons den Finger auf eine riesige Wunde: „Mir ist kein Ort im deutschsprachigen Internet bekannt, an dem eine konstruktive Kommentarkultur herrscht, und auch befragte Freunde zucken nur die Schultern.“ (S. 440) – Man kann zu ihrem Beitrag nur hinzufügen, dass es bemerkenswerte Unterschiede z. B. zwischen der der deutschen und französischen politischen Internetkultur gibt: Werfen Sie einen Blick auf die > Blogopole, auf all die Blogs, die es während des letzten französischen Wahlkampfs 2007 schon gab. Eine solche Vielfalt gibt es bei uns immer noch nicht.
Barry Maley rezensiert den Band von Kenneth Minogue, The Servile Mind. How Demoracy Erodes the Moral Life (New York: Encounter Books 2010). Heinz Schlaffer schreibt über Betreutes Sehen: Vom Kunsturteil zur Kunstvermittlung. Ulrike Ackermann erinnert an eine Rede Ralf Dahrendorfs aus dem Jahr 1974 über Freiheit. Gerd Ganteför fragt nach der Zukunft unserer Energie.
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> Merkur Heft 744, Mai 2011
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