Merkur – November 2009

MERKURDas neue Heft des MERKUR ist erschienen und es war meine Zuglektüre am Wochenende auf der Fahrt nach Mainz und zurück. Diesmal geht es um Kunst, um Ästhetik und Geisteswissenschaften im weitesten Sinn. Walter Grasskamps hat das Büchlein Die Welt als Museum, das 1987 im Merve-Verlag erschienen ist gelesen. Das Buch enthält zwei Kapitel eines Buches, das der französsiche Soziologe Henri-Pierre Jeudi 1985 unter dem Titel Parodies de l’autodestruction veröffentlicht hat. Der vom deutschen Verlag gewählte Titel trifft eigentlich nicht (mehr) den Inhalt der Übersetzung. Ein Missverständnis oder ein Bedeutungswandel dieser Metapher der Welt als Museum und damit hat Walter Grasskamp das Thema seines Beitrags gefunden. Es geht hier um das Verhältnis zwischen Museum und Denkmalschutz und um die Distanz zur Kunst, die im Museum noch stärker hervortritt. Mich interessieren besonders Grasskamps Anmerkungen zur Fotografie, die in Museumslandschaften die Zeit neu bewegen kann. Wolfgang Kemp beschäftigt sich mit Sammelbänden und klagt zu Recht über eine Unsitte, einfach nur wenn auch Kluges zwischen Buchdeckeln zu sammeln. Mein einziger Sammelband bisher war eine > Festschrift, bei der es gelungen ist, vom ersten Ideenmail bis zum Erscheinungstermin einen roten Faden beizubehalten, weil die Mitautoren untereinander kaum korrespondiert haben. Peter Bürger schaut auf „Begriff und Grenzen der Kritik“ und beginnt mit dem Satz: „Wir leben in einer Zeit, in der der Geist der Kritik eigentümlich erschlafft ist.“ Die Wiedervereinigung habe 1989 keine vergleichbar 1968 ähnliche Impulse hervorgebracht. Zwar will Bürger nicht gleich von der Gesellschaftskritik auf den Zustand der Kunstkritik schließen, aber gewisse Verbindungen scheinen sich für ihn doch zu bestätigen.

Hans Friesen schreibt über die Stilgeschichte der Architektur im 20. Jahrhundert: Abarbeiten an der Moderne und Friedrich Pohlmann lädt zu einem Rundgang durch Freiburg ein: Meinen Sie Freiburg zum Beispiel sei eine tiefere Stadt?

Otfried Höffe hat sich in der Philosophiekolumne über Paradoxien, Abhandlungen, Dialoge und Aphorismen Gedanken gemacht: Vier Kardinalsprachen der Philosophie. Richard Klein berichtet über den Band von Albrecht Wellmer, Versuch über Musik und Sprache, München, Hanser 2009. Hartmut von Hentig hat Schattengespräche von Dagmar Nick, Aachen, Rimbauf 1008 gelesen und Klaus Modick untersuch die Neuübersetzung der Geschichte des Arthur Gordon Pym. Karl Heinz Bohrer gibt zu erkennen, dass mit dem Aufsatz von Peter Bürger nicht so zufrieden ist: Was kann Kritik sein am Ende der Kulturkritik? Anne Sophie Meincke stellt ihre Auffassung zum Essay vor: Adorno und Descartes, programmatisch versöhnt. Der wissenschaftliche Essay als Form. Hans georg Deggau denkt über Das Opfer in der modernen Gesellschaft nach. Und am Schluß gratuliert Michael Klett Ben Willikens zum Siebzigsten: Raumlabor, metaphysisch.

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