350 Jahre Verlagsgeschichte! Man stelle sich die Menge an Briefen vor, die das literarische Programm gerade eines Verlags wie Cotta dokumentieren, der die Bücher von Goethe, Schiller, Hegel, Hölderlin und Heine betreut hat. Stephan Askani und Frank Wegner haben gesichtet und ausgewählt. Jetzt ist ihr Buch mit den Briefen der Autoren an die Herausgeber erschienen: > Cotta – »Das gelobte Land der Dichter« Briefe an die Verleger Gestern habe ich die beiden Herausgeber dieses Buches besucht und sie haben Fragen zu ihrer Auswahl und überhaupt zum Verhältnis zwischen Autoren und Verlegern beantwortet.
Es geht um 350 Jahre Verlagsgeschichte in Briefen. Alles begann 1659 mit der J.G. Cotta’schen Verlagsbuchhandlung in Tübingen, die deutsche Geistesgeschichte widerspiegelt. Zum 350-jährigen Jubiläum legen die beiden Herausgeber einen Band mit Briefen vor, die Dichter und Denker an ihren jeweiligen Verleger geschrieben haben. Johann Wolfgang von Goethe, Jean Paul, Friedrich Schiller, Heinrich Heine, Theodor Fontane, Jean Améry, Ernst Jünger, Golo Mann, Javier Marías u. a. sind dabei. Die Autoren wollen ihre Bücher in guten Händen wissen, es geht auch um Geld, nebenbei, manchmal auch eindringlich erwähnt. Es geht seitens der Autoren um Desiderate, sie klagen auch über die leidigen Druckfehler und hoffen auf eine gefällige Ausstattung ihrer Werke.
Friedrich Schiller verrät > Johann-Friedrich Cotta am 24. März 1800 die Erwartungen Goethes: „Noch einen guten Rat. Ich fürchte, Goethe lässt seinen Faust, an dem schon so viel gemacht ist, ganz liegen, wenn er nicht von außen und durch anlockende Offerten veranlasst wird, sich noch einmal an diese große Arbeit zu machen und sie zu vollenden. Der Faust wird, wie er mir sagte, wenn er vollendet ist zwei beträchtliche Bände über 1 Alphabete betragen. Er rechnet freilich auf einen größeren Profit…“. Friedrich Hebbel wendet sich am 22. Dezember 1856 an Georg von Cotta und möchte einen „Geschäfts-Antrag“ machen. „Aber Deutschland ist lange gewohnt, Gedichte bei Ihnen zu suchen.“ Hebbel räumt auch ein: „Ich bin nicht um eine Buchhandlung in Verlegenheit.“ Diese Autoren kannten sehr wohl den Wert ihrer Werke und entwickelten mit ihren Verlegern oft ein besonders Vertrauensverhältnis. Und Hegel meldet am 22. Januar 1832 das was Verleger gar nicht so gerne
mögen: Die Umarbeitung des Manuskripts: „Meine Ausstreichungen und Zusätze – ich habe das meiste umgearbeitet – werden sich ungefähr balancieren. Es werden sich wenige Bogen über die erste Ausgabe ergeben.“ Stimmt, ich war etwas skeptisch, weil die Auswahl der Briefe nicht der Chronologie folgt, aber die Herausgeber haben sie klug geordnet, und es ist ein Vergnügen auf 158 Seiten eine an Jahren doppelt so lange Verlagszeit beim Lesen an sich vorüberziehen zu lassen: Goethe am 16. Juni 1831 an Johann Friedrich Cotta: „Doch sei es nicht mutlos geschlossen! vielmehr mit der Versicherung: daß ich jeden guten Augenblick zu nutzen trachte, um derjenigen, die an mir teilnehmen, bis ans Ende wert zu sein.“
Das Gespräch mit Stephan Askani und Frank Wegner:
ca. 18 Min.
Vor diesem Gespräch habe ich eine Aufnahme vom Cotta’schen Haus in Tübingen gemacht. – Was hätten die Autoren dieser Briefe heute zum Mitmachinternet gesagt, wo jeder überall veröffentlichen kann und ihre potentiellen Leser immer mehr der willkürlichen Auswahl von Suchmaschinen vertrauen. Auch ohne die Antworten der Verleger, die sich auch in diesem band im Hintergrund halten, bemerkt man in diesen Briefen doch sehr deutlich ihre Bereitschaft, ihr verlegerisches Gespür und ihren wirtschaftlichen Wagemut für Neues Leser zu finden und damit auch ganz schlicht die Überlegenheit eines Verlages über > Open Access, das die > Nutzungsrechte am liebsten Verleger und Autoren entwinden und ins Internet verlagern wollen..
> Cotta – »Das gelobte Land der Dichter«
Briefe an die Verleger
Mit einem Vorwort von > Brigitte Kronauer
Ausstattung: gebunden mit Schutzumschlag, Lesebändchen
168 Seiten
ISBN: 978-3-608-93904-0
Zeittafel
1659 am 22. November
Heirat Johann Georg Cottas mit der Witwe des akademischen Buchführers Philibert
Brunn.
Der Verlag bzw. die Buchhandlung wird geführt
von bis | durch |
1659-1692 | Johann Georg Cotta I |
1692-1712 | Johann Georg Cotta II. |
1712-1770 | Johann Georg Cotta III. |
1770-1775 | Johann Jacob Cotta |
1775-1787 | Christoph Friedrich Cotta |
1787-1832 | > Johann Friedrich Cotta der „große“ Cotta |
Seit 1817 | von Cotta zu Cottendorf, seit 1822 Freiherr |
1833-1863 | Johann Georg IV. Freiherr Cotta von Cottendorf (Georg von Cotta) |
1863-1888 | Carl Freiherr Cotta von Cottendorf |
1889-1911 | Adolf Kröner (führt den Verlag nach dem Kauf unter dem Namen J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger weiter.) |
1911-1955 | Robert Kröner und seine Erben |
1952/1954 | Erwerb des Cotta’schen Verlagsarchivs durch die Stuttgarter Zeitung und seine Überführung als Leihgabe an das Schiller-Nationalmuseum, Marbach |
1956-1977 | J.G. Cotta’sche Nachfolger GmbH, nach dem Verkauf an eine Gruppe Stuttgarter Verleger und Buchhändler. Der Verlag geht noch 1956 in das alleinige Eigentum von Wilhelm Schlösser über. |
1977 | Die Firma Ernst Klett – Verlag und Druckerei – erwirbt von Wilhelm Schlösser alle Anteile an der J.G. Cotta’schen Nachfolger GmbH. Der wissenschaftlich-belletristische Verlag von Ernst Klett wird umbenannt in Verlagsgemeinschaft Ernst Klett – J.G. Cotta’sche Buchhandlung Nachf. GmbH, abgekürzt Klett-Cotta. |
Quelle: (für die Daten bis 1959) Liselotte Lohre.