Nachgefragt: Simon Sebag Montefiore, Geschichte schreiben. Briefe, die die Welt veränderten

„Nehmen Sie mal einen Stapel Briefe zu Hand, nicht die Rechnungen, Ihre  Privatpost. Wie würden Sie diesen Stapel ordnen? Nach den Absendern? Nach Anlass? Nach Datum? Nach der Schwere des Ereignisses? Gar nach Ihrer Länge? Darüber hat sich britische Historiker und Journalist Simon Sebag Montefiore auch Gedanken gemacht und unter dem Titel > Geschichte schreiben (Orig.: Written in History/Letters that Changed the World übersetzt von Maria Zettner), eine Sammlung von „Briefe(n verfasst), die die Welt veränderten“ vorgelegt, “ so begann unser > Lesebericht: Simon Sebag Montefiore, Geschichte schreiben. Briefe, die die Welt veränderten

Heute hatten wir das Glück, Simon Sebag Montefiore in unserem Jomeoffice zu empfangen und mit ihm über sein Buch sprechen zu können:

Simon Sebag Montefiore, geboren 1965, britischer Historiker und Journalist, Autor zahlreicher preisgekrönter Bestseller: »Stalin – Am Hof des Roten Zaren« (History Book of the Year Prize der British Book Awards ausgezeichnet, »Der junge Stalin« und »Jerusalem. Die Biographie« war ein weltweiter Bestseller.

Wir haben  Simon Sebag Montefiore gefragt, wieso er sich für diese Einteilung der Briefe nach Mut, Entdeckung, Krieg oder Macht entschieden hat? Das Ergebnis ist eine Art Phänomenologie des Briefes und auch der Korrespondenz. Nach welchen Kriterien wurden die Briefe ausgewählt?

Wir finden in seinem Buch viele Briefe, deren Autoren vor fundamentalen Entscheidungen standen oder gar schon resigniert hatten: Che Guevara an Fidel Castro am 1. April 1965 oder Nikolai Bucharin an Josef Stalin am 10, Dezember 1937? Kein Wunder, dass die Briefform immer dann gewählt wird, wenn Liebende getrennt sind und nur per Brief sich ihre Zuneigung versichern können und sie werden um so inhaltsschwerer und bedeutungsvoller, je enger sie mit dem politischen Geschehen verbunden sind: Katharina die Grosse an Fürst Potemkin um den 19. März 1774. Oder Napoleon Bonaparte an Josephine, 24. April 1796.

In meinem Lesebricht heißt es: „Jedes Kapitel enthält Briefe aus ganzen unterschiedlichen Epochen, um so deutlicher wird das Anliegen das Autors: die Macht des geschriebenen Wortes zu zeigen, wie Briefeschreiber über sich selbst nachsinnen, aber immer im Verhältnis zum Adressaten, in dem sie ihm Dinge sagen, die sie anderen so wahrscheinlich nicht sagen würden. Es ist die Dialogform des Briefes als eine Literaturgattung, die so verdeutlicht wird.“ Diese Dialogform des Briefes kann auch Geschichte schreiben?

Mit einem Brief kann man versuchen, das Verhalten des Adressaten beeinflussen, auch wenn es hoffnungslos ist, so dokumentiert der Brief den Mut seines Verfassers und die Torheit des Adressaten: Mahatma Gandhi an Adolf Hitler, 24. Dezember 1940.

Viele dieser Briefe sind für Historiker hochinteressant, es geht doch immer wieder um die Frage, wie kann oder kann der Mensch überhaupt in das Rad der Geschichte eingreifen? Macht er es aufgrund der Umstände, die ihm günstig erscheinen oder ist vielmehr sein Charakter, sein Wissen und die Art und Weise, wie er sich persönlich – im Verhältnis zu seinem Adressaten – für etwas einsetzen will?

Was geht uns heute verloren, wenn nur noch Mails und Tweets verschickt werden?

Und wir haben noch über die Form und das Papier der Breife gesprochen.

Simon Sebag Montefiore,
> Geschichte schreiben.
Briefe, die die Welt veränderten
Aus dem Englischen von Maria Zettner (Orig.: Written in History/Letters that Changed the World)
1. Aufl. 2021, 368 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-98353-1