Am 5. April 1728 bricht Charles-Louis de Montesquieu (1869-1755) zu einer Reise nach Österreich, Italien und Deutschland auf. Über den Brenner, durch Innsbruck durch kommt er am 3. August 1729 in München an. Weiter geht es nach Augsburg, eine Woche bleibt er in Lech. Im August 1729 ist er in Cannstatt, Stuttgart und Ludwigsburg. Dann geht es nach Heidelberg, Mannheim und Frankfurt am Main. Im September ist er in Bonn und Köln. Düsseldorf, Münster, Osnabrück, Hannover und Braunschweig sind weitere Stationen seiner Reise. Im Oktober 1729 überschreitet er die Grenze in die Niederlande.
Bei Cotta sind nun Reiseberichte von Charles-Louis de Secondat Baron de la Brède et de Montesquieu > „Meine Reisen in Deutschland. 1728-1729“ zum ersten Mal auf Deutsch in der Übersetzung von Hans W. Schumacher erschienen. Mit einem Vorwort Wie Montesquieu Deutschland bereiste und dabei den Föderalismus entdeckte von Jürgen Overhoff und einem Nachwort von Vanessa de Senarclens.
Beständigkeit und Kontinuität: Wie viele der Sehenswürdigkeiten und Eigenheiten, von denen Montesquieu in seinem Buch berichtet, gibt es heute noch nach fast 300 Jahren: Schloß Nympenburg: „Das Abendessen war sehr karg.“ Die Bronzetür des Augsburger Doms mit seinen Flachreliefs im „schlechtesten gotischen Stil“. „Die Bayern sind dümmer als die Deutschen in Allgemeinen. Tatsächlich gelingt eine Einwirkung auf den Geist dieser Nation nicht augenblicklich. Es bedarf viel Zeit, um die Seele zu erwecken.“ S. 93 Montesquieu kommt 200 Jahre nach Montaigne nach Augsburg. Beide beschreiben die Stadt auf ganz ähnliche Wiese, ohne das Montesquieu die Aufzeichnungen seines illustren Reisevorfahren gekannt haben konnte.Dann kommt er im August 1729 zum Ludwigsburger Schloss, an dem er architektonisch kein gutes Haar lässt. Er besucht die Heiliggeistkirche in Heidelberg und sieht das berühmte Fass mit seinen 204 Fuder. Mannheim und die Lage der Stadt fasziniert ihn. Es ist der Föderalismus, der Montesquieu in Deutschland fasziniert. Akribisch notiert er die unterschiedlichen Rechte, die der Religionsausübung in den Städten eingeräumt werden. Penibel vermerkt er die Namen und den Rang seiner vielen Gesprächspartner, wo mit deutlich wird, wie stark er sich für die politischen Verhältnisse der von ihm besuchten Städte interessiert.
Im September 1792 reist er durch das Rheintal nach Bonn an Kaub vorbei, das auch heute noch das Panorama meiner liebsten Bahnstrecken bildet. „Bonn ist eine erbärmliche, kleine Stadt“, vermerkt er seinem Tagebuch und besucht dort das Poppelsdorfer Schloss vor den Toren der Stadt. Auf nach Köln. Hier notiert er die Stärke der Truppen des Kurfürsten von Köln. Vom Dom ist nur der Chor vollendet. In Düsseldorf besucht er die Gemäldegalerie. In Preußen herrscht der Soldatenkönig: „Es ist ein Elend, Untertan dieses Fürsten zu sein.“ S. 131. Von Hannover geht es zu den Wasserspielen nach Herrenhausen: „Der König von Preussen verübt an seinen Untertanen eine abscheuliche Tyrannei. Er will das Väter ihre Kinder studieren lassen, was seine Staaten in eine schreckliche Barbarei stürzen würde.“ S. 142 Die Bibliothek von Wolfenbüttel, S. 158 f., fasziniert ihn. Dann besucht er die Minen im Harz
Reisen bildet. Montesquieu war Präsident des Parlaments von Bordeaux (1716-1726), im Januar 1728 wurde er Mitglied der Académie française und Autor der Lettres Persanes (1712) „Reisen als Quelle der Erkenntnis“, so fasst Vanessa de Senarclens Montesquieus Reisemotivation klar und knapp zusammen. Zu seinen Lebzeiten hat er seine Reisetagebücher aus Deutschland nicht veröffentlicht. Sie dienten ihm aber als Archiv für späterer Arbeiten, vor allem bei der Abfassung seine Buches De l’sprit des lois, 1748.
Charles-Louis de Secondat Baron de la Brède et de Montesquieu,
> „Meine Reisen in Deutschland. 1728-1729“
Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Jürgen Overhoff. Nachwort von Vanessa de Senarclens. Aus dem Französischen von Hans W. Schumacher.
1. Aufl. 2014, 216 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Rückenprägung, vierfarbig bedruckter Vorsatz, zahlreiche Abbildungen im Text
ISBN: 978-3-7681-9900-1