Es beginnt mit einem Fahrradunfall. Carina fährt ein Mädchen an, das plötzlich vor ihr auf die Straße rennt. Bevor sich die Angefahrene wieder aufrappelt, sieht Carina, dass Mona schwanger ist. Rückblende oder dieselbe Szene aus einer andern Sicht. Mona steht am Straßenrand und rennt los. Sie versteht die Ohrfeige nicht, die sie von Carina kassiert. Für Carina kommt alles zusammen, ihr sehnlicher Kinderwunsch und dann dieses schwangere Mädchen.
Kollisionen erzählt wie ganz unterschiedliche Lebensentwürfe und Schicksale unvermutet aufeinanderprallen und wie die Personen ungewollt in Schwierigkeiten geraten, sich darin verstricken und es ihnen nicht gelingt, sich daraus zu befreien. Für Carina kommt alles auf einmal zusammen. Die teure Behandlung zugunsten der Erfüllung ihres Kinderwunsches und die Flaute, gar das Versiegen bei ihren Aufträgen in ihrer Agentur. Sie kann keine teuren Lofts mehr verkaufen und sieht ihren Lebensstil in Gefahr kommen. Tom kämpft in seiner Redaktion mit den Themen für seine Kolumne, die in Gefahr gerät, je mehr er aus dem wirklichen Leben um ihn herum berichtet.
Derweil kommt findet Mona den Vater ihres Kindes, den Rumänen Petr, achtzehn oder neunzehn wieder. Aber er kann ihr auch nicht wirklich helfen. Carinas und Toms Hund frisst im Stadtpark gegenüber von ihrem Brauerei-Loft ein Päckchen mit Rauschgift, was er nicht überlebt. Carina wird zunehmend nervös und macht der Sprechstundenhilfe wegen des langen Wartens eine laute Szene, derweil Tom in der Redaktion über seiner Glosse brütet. Mona macht einen Selbstmordversuch und landet nach dem Krankenhaus in einem Heim für schwangere Frauen.
13.09. 2016 20 Uhr Buchpremiere KOLLISIONEN im LCB mit Wiebke Porombka
im > Literarischen Colloqium Berlin am Wannsee. Anschließend Wein und Häppchen
Jede Szene führt Carina und Tom ein wenig mehr ins Chaos. Dabei haben sie eigentlich nur ihren Kinderwunsch. Ein Missgeschick beschwört das nächste hinauf, als wenn ihr grundsätzliches Scheitern irgendwie vorprogrammiert wäre. Kollisionen kennt man, und manchmal gibt es kaum einen Ausweg. Aber es gibt auch Situationen, in denen man dazu beiträgt, alles noch komplizierter zu machen. Im Stau auf dem Weg zum Arzt, gerät Tom in Panik und lässt sein Auto an Ort und Stelle im Stau zentralverriegelt stehen und rennt zu Fuß weiter. Da leidet der Leser richtig mit und viele Passagen wie diese halten jedes Störung ringsum den Leser herum von ihm ab. Wenn der Lauf zum Arzt ihn am Ende nicht mehrere Tausend Euros kosten würde, wäre Tom ja noch glimpflich davongekommen. Aber die Szene, die er durchläuft, wird für ihn zum Hindernislauf und gibt ihm den Rest.
Tom und Carina haben beide ihr Leben nicht so richtig im Griff, Pech oder Dummheit? Tom gibt Versuchungen nach und Carina hält doch irgendwie zu ihm. So wie sich ihr Leben ändert, ändert sich auch ihr Wohnumfeld und gleichzeitig stürzt sie im Beruf ab, die Kunden bleiben aus. Und wieder treffen Carina und Mona zusammen. Ihre Wege kreuzen sich mehrmals, so als wenn es ihre Schicksale darauf abgesehen hätten, sich miteinander zu vergleichen.
Was haben Tom und Carina wirklich falsch gemacht? Ist das soziale Leben, so wie es um sie herum eingestellt ist, an ihren Kollisionen schuld? Wo sind die Stationen, wo sie anders hätten abbiegen können? Die Einführung der Personen und die Umstände ihres Erscheinens lassen einen Moment noch vermuten, es könne alles gut gehen, dann aber nimmt das Unheil rasant Fahrt auf. Es ist es die Spannung, deren Aufbau Florian Scheibe vorzüglich beherrscht.
Auf anderen Blogs:
Isabella Caldart schreibt > Kurz&schmerzlos mit Florian Scheibe über „Kollisionen“
mit einem Interview mit Florian Scheibe
Florian Scheibe
> Kollisionen
Roman
1. Aufl. 2016,
377 Seiten,
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98031-8
Florian Scheib liest die ersten zehn Seiten: