Mit dem Buch von Jörg-Uwe Albig, > Zornfried liegt jetzt bei Klett-Cotta eine Trilogie gegen die extreme Rechte vor: 1. die praktische Anleitung: „Angesichts des Erstarkens der Rechtspopulisten wie die AfD, möchten Sie die Demokraten stärken bei uns für den Dialog von neuem fit machen,“ haben wir Per Leo gefragt, > Logik für Demokraten lautet der Titel Ihres bei Klett-Cotta erschienenen Buches. Sie verstehen es als eine Anleitung – wozu?“ > Nachgefragt: Daniel-Pascal Zorn, Logik für Demokraten – 15. März 2017 und danach 2. ein Leitfaden die „Mit ihnen reden, sie stellen, ihre Argumente untersuchen, ganz einfach ihnen zeigen,
dass sie mit ihren Parolen nicht durchkommen, unaufgeregt aber hart in der Sache mit ihnen streiten:“ > Nachgefragt: P. Leo, M. Steinbeis, D.-P. Zorn, Mit Rechten reden – 21. Februar 2018. Beide Leseberichte wurden durch Interviews mit den Autoren ergänzt: Nachgefragt. Und so wollen wir es auch wieder bei dem 3. Teil einem Roman dieser Trilogie halten. Zuerst folgt hier der Lesebericht zu Jörg-Uwe Albig, > Zornfried und auf der Leipziger Buchmesse bekommt unsere Redaktion mit ihrem > TV-Team die Gelegenheit mit Jörg-Uwe Albig über seinen Roman zu sprechen.
> Nachgefragt: Jörg-Uwe Albig, Zornfried – 27. März 2019
Jan Brock ist freier Journalist und schreibt für das Feuilleton der Frankfurter Nachrichten. Bei einer Podiumsdiskussion, die wie so viele zum Themen der Rechten ablaufen, erscheint eine Gruppe von Personen mit schwarzen T-Shirts geschmückt mit einem gelben W. Einer von ihnen sprüht „VERSKLAVT NICHT VON DER HEUCHLER FREMDER ZUNGE“ auf eine Wand. Zu Hause sucht Brock im Internet und findet den Satz auf einschlägigen Seiten und auch den Namen des Autors: Storm Linné. Brocks journalistisches Interesse ist geweckt. Wer ist Linné? Wo kommt er her? Ein wenig Recherche und Brock weiß, dass Linné mit anderen Vertretern der Neuen Rechte auf einer Burg mit dem Namen Zornfried tief im Spessart lebt. Krotzenstein heißt sie mittlerweile, aber ihre derzeitigen Bewohner halten an dem alten Namen fest.
Brock meldet sich auf Zornfried zum Besuch an und erhält eine Einladung von Freiherr von Schierling. Mit seinem Peugeot macht sich Brock auf den Weg. Bevor er zur Burg Zornfried kommt, rät das Navi noch: „Drehen sie um.“ Schließlich steht er vor dem Burgtor und der Sekretär des Hauses lässt ihn ein. „Deutschnational“, früher „Gauführerschule“?, „na und,“ antwortet von Schierling, über dem der tote Großvater im Bild hängt: „Das Erbe der Toten hat uns zu dem gemacht was wir sind,“ erklärt von Schierling seinem Gast, der Linné zitiert: „Die toten sinds in denen leben wohnt,“ und der Burgherr kennt die Fortsetzung den Verses.
Dann folgt die Burgführung: Bibliothek, Saal der Freunde, Saal der Ergebung, Saal des Pfluges, eine Neonröhre erhellt das Waffendepot. Dann ist der erste Tag auf der Burg auch schon vorbei, Brock rollt in sein Quartier im Gasthof Purucker: „Und nichts macht so zuverlässig immun wie eine schwach dosierte Portion des Erregers, der die Krankheit auslöst.“ Vorurteile sind es nicht, die Albig seinen Lesern mitteilt. Der Einstieg ist ihm bestens gelungen. Schon steht ein krudes Geschichtsbild vor unseren Augen, mit dem die Neurechten sich auf einer abgelegenen Burg in Freundschaft und mit Waffen eingerichtet haben.
Am nächste Tag darf Brock mittags auf der Burg speisen. Nein über Linné, der vom Wort lebe, wolle der Burgherr nicht sprechen. (vgl. S. 45), Linné reise auch nicht: „Wenn die Eiche nicht stillsteht, findet der Specht keine Nahrung.“ (S. 48) Wenn Brock mehr verstehen wolle, müsse er in den Wald, erklärt ihm Schierling. Was lernt Brock dort? „Der Wald ist nämlich vor allem ein Wurzelreich. Ein Reich aus tiefen, starken, unendlich verzweigten Wurzeln, die nicht nur in den Boden ausgreifen, sondern auch in die Zeit.“ Schierling liebt große Bäume: „Es zahlt sich aus, wenn man den Stärkeren zu seinem Recht kommen lässt,“ merkt sich Brock.
Die Vorführung im Burghof: Dann schaut er dem Faustkampf zu. T-Shirts mit dem gelben W: Waldgänger oder Windbeutel? denkt sich Brock.
Die Tafelrunde findet im Saal des Willens statt: Zuerst werden Linnés Gedichte vorgelesen. Dann erscheint Linné höchstpersönlich, um seine Werke zu rezitieren. Brock ist erleichtert. Linné ist eine Enttäuschung. Nein, sprechen könne Brock Linné nicht, der Meister äußere Gesprächswünsche nur selbst.
Brocks Konkurrenz Jenny Zerwien von der Neuen Allgemeinen kommt auf der Burg an und scheint sich dort mit viel weniger Vorbehalten als Brock zu bewegen, sie wird auch mehr hofiert und lässt sich dem Anschein nach auch gerne nicht investigativ darauf ein. Für sie heißt Journalismus Zuhören: S. 94. Aber morgens im Frühstücksraum meint sie, das Gefühl zu haben, dass Schierling uns „verarsche“: „Hier ist nichts, wie es scheint…“.
Wieder im Saal des Willens. Gleiches Ritual. Linnés Gedichte werden deklamiert. Dann erscheint er höchstselbst: „Und aus dem Blut, das ahnen uns vergossen…“, „da war des kriegers fleich zu reicher scholle“ (S. 126 f.).
Dann gibt es noch ein Manöver im Wald mit einer echten Überraschung.
Albigs Roman liest sich wie ein Protokoll einer ausgedehnten Begegnung mit der neuen Rechten: Linnes Gedichte, die die Geschichte, Heldentaten, Mut, ganze Männer, Kampfesgeist, die Natur „Der treue Buchenblatt am waldessaum“ S. 107) evozieren und hochhalten, dann spiegelbildlich dazu die Organisation in der Burg, die Kampfesübungen im Burghof, der Marsch durch den Wald alles von einem verklärenden Geschichtsbild überlagert und durchdrungen.
Notieren Sie bei der Lektüre dieses Romans eine Liste der Stichwörter, dann haben sie, wenn Sie auch noch die beiden oben genannten Bücher zur Hand nehmen, ein gute Grundlage, um die Neurechten zum Sprechen zu bringen. Man muss ja nicht alles von ihnen verstehen, viele ist zu abgehoben, aber manche Anknüpfungspunkte sind da, wenn auch das mögliche Gesprächsergebnis mit ihnen mager ist, so wie bei Brock, der auf der Burg mehr sieht als hört, ohne seinem Ziel das Interview mit Linné näherzukommen: „Verschmäht den sud aus fett gemengtem geifer.“ S. 107
Jörg-Uwe Albig,
> Zornfried
1. Aufl. 2019, 159 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-96425-7