„Sehr oft, eigentlich fast immer, lesen wir zu Hause, die ersten Seiten eines neuen Romans laut vor, um wie damals Gustave Flaubert (1821-1880) das auch vor seinen Freunden tat > une épreuve du gueuloir, zu gucken, zu hören, ob der Text gut rollt. Z. B. so war das auch mit dem Roman von Brigitte Kronauer > Zwei schwarze Jäger, wo das Vorlesen erst auf der letzten Seite aufhörte. Ja, es ist auch eine Frage der Zeit, aber Iris Wolff, > Die Unschärfe der Welt haben wir auch fast ganz zu Hause laut gelesen….“ so startet unser > Lesebericht: Hallgrímur Helgason, 60 Kilo Sonnenschein. Roman.
Heute haben wir Hallgrímur Helgason wieder getroffen. Unter den widrigen Umständen auf Abstand, so gar ein ziemlich großer Abstand, er in einem Hotelzimmer und unsere Blog-Redaktion im Homeoffice, daher wieder kein so schönes Bild, das wir auf dem Stand von Klett-Cotta bei der Buchmesse hätten aufnehmen können. Und dann zeigt das Videofernübertragungsprogramm auch noch an: „Die Bandbreite aus dem Hotel reicht nicht aus…“, sein Bild war viel kleiner als unser Bild… aber im Videoprogramm ist es wieder größer und unscharf… aber wir haben über sein wunderbares Buch gesprochen:
Am 14. Oktober ist Ihr Roman „60 Kilo Sonnenschein“ bei TROPEN erschienen. Manchmal geht man in einen Buchladen, um einen richtigen Roman zu kaufen, der einen mal wieder entführt. > 60 Kilo Sonneschein ist ein solches Buch. Nur das Titelbild, zwei Segelschiffe in stürmischer See, im Hintergrund verraten die Spitzen eines Eisbergs so etwas wie den Untertitel „Island auf dem Weg in die Moderne“. Was hat der Sonnenschein damit zu tun?
Wir lesen das Buch zu Hause laut! vor, und nach ein paar Tagen kamen wir auf Seite 395 an. Wenn wir abends aufhörenbleiben, heißt es „noch ein Kapitel“. Wir haben Helgason gefragt, ob das Drama in seinem Roman, das von seinen Beschreibungen ergänzt wirrd, abgesehen von Ihrem wunderbaren Erzählstil, ein bewusstes Mittel, um den Aufbruch in die Moderne zu zeigen?
Eilifur Gudmundson, Gestur, der Pfarrer Sera Árni, der Gemeindevorsteher Hfsteinn, ie alle stehen für bestimmte Entwicklungsperspektiven, wobei jeder von ihnen seine Umgebung auf seine Weise vorantreibt?
Die Schiffe, die von außen in den Fjord kommen, die Schiffe mit den Auswanderern, die den Fjord verlassen, die Dörfer entlang des Fjords sind mit der Welt verbunden wie in einem Computer-Strategiespiel, mit dem man Städte bauen kann.
Die Armut in den Hütten, vor allem im Winter, wird in > 60 Kilo Sonneschein mit großem Einfühlungsvermögen dargestellt. Resignation kommt nie auf, woher kommt der Drang der Bewohner, in die Moderne zu aufzubrechen? Kam er von Personen wie Sera Árni, von den Umständen?
Hallgrímur Helgason
60 Kilo Sonnenschein
Roman
Aus dem Isländischen von Karl-Ludwig Wetzig
(Sextíu kíló af sólskini, JPV Útgáfa)
1. Aufl. 2020, 576 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-50451-4
> Lesebericht: Hallgrímur Helgason, Seekrank in München – 24. November 2015
> Nachgefragt: Hallgrímur Helgason, Eine Frau bei 1000° – 5. Oktober 2011
> Lese(zwischen)bericht: Hallgrímur Helgason, Eine Frau bei 1000° – 27. September 2011
> Das Frühjahrsprogramm von Tropen: Hallgrímur Helgason. Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen – 10. März 2010
> Lesebericht: Wie kann man mit dem Morden aufhören? ZehnTipps von Halligrímur Helgason – 15. Februar 2010