Nachgefragt: Ulla Lenze, Der Empfänger

In unserem Lesebericht > Lesebericht: Ulla Lenze, Der Empfänger hieß es: „Josef Klein wandert 1925 in die USA aus, sein Bruder Carl darf wegen des fehlenden Auges nicht mitkommen. Eigentlich sucht Josef Arbeit und eine neue Existenz. Nach der Machtübernahme von Hitler in Deutschland gerät Josef durch widrige Umstände ins Spionagemilieu, Verstrickungen, aus denen er sich nur sehr schwer befreien kann. Mit ihrem Roman > Der Empfänger erinnert Ulla Lenze an ein vergessenes Kapitel deutsch-amerikanischer Geschichte….“  Bitte weiterlesen.

Auf den Lesebericht folgt hier auf diesem Blog meist ein „Nachgefragt…„. In diesen bewegten Zeiten ist alles anders. Unser TV-Team darf nicht reisen, also nehmen wir die Interviews online auf und auch diesmal haben wir die Aufzeichnung gar nicht geschnitten, also fast als wenn das Gespräch live in einem Literaturhaus stattgefunden hätte. Wenn wir das Stativ aufbauen, passiert auch immer irgendetwas Unvorhergesehenes. Diesmal war eigentlich alles ok, bis die Aufzeichnungssoftware meldete, die Übertragungsbandbreite reiche nicht, nun das Ruckeln ist also den coronabedingten Umständen geschuldet: > Corona: Wie organisieren wir unser Homeoffice? II – Tipps von unseren Fachleuten.

Josef Klein will sich in den USA eine Existenz aufbauen und gerät nach 1933  ins Spionagemilieu. Ulla Lenze erinnert in Ihrem Roman > Der Empfänger an ein vergessenes Kapitel deutsch-amerikanischer Geschichte. Wir haben sie gefragt, wie haben Sie den Stoff zu diesem Roman gefunden? Ihr Großonkel Josef Klein, so versichert Sie uns, sei aber in literarischer Hinsicht ihre Erfindung. Wollte Sie einen historischen Roman schreiben?

„Die Geschichte beginnt für den Leser in José, Costa Rica, im Mai 1953. Für Josef hat sie aber schon 1925 mit der Ausreise in Richtung der USA begonnen. Was nun bleibt sind Erinnerungen, die sich gegenseitig bedingen“ steht im Lesebericht auf dem Blog. Ulla Lenze erzählt die Geschichte von Klein in zahlreichen Rückblenden, „so werden die Zeitsprünge im Roman erklärt, denn so setzt Josef Klein seine Erinnerung  hat?

Als er wieder in Neuss ist, erzählt Klein seine Geschichte, übergeht aber die Verhaftung: „Dadurch bekommen die Kapitel neben dem Berichts- auch einen Erklärungswert, warum Josef in diese Verstrickungen geraten konnte.“ Es gibt da einmal die persönliche Seite, also das Interesse an dem Schicksal von Josef Klein, so singulär in seiner Art – und dann gibt es ein historisches Interesse an dieser Epoche und den Vorgängen zu dieser Zeit in New. York. Warum sind die so wichtig … so unbekannt? Jetzt kommen wir nach New York. 1939. Als Klein die Prospekte an die Amerikanische Nazipartei auslieferte, hatte er keine Ahnung, was da gespielt wurde?

Wer ist dieser Arthur, ein Sohn irischer Einwanderer, der Klein mit der Versammlung 1939 im Madison Square Garden zusammenbringt und dann noch einen Interessenten für das Funkgerät von Klein auftut. Klein will dann von Arthur wissen, was das bedeutet: „Hitler im Regal eines Schwarzenführers“? „Gemeinsame Freunde: England und die Juden…“ erklärt ihm Arthur. 61

Derr Stil Ihres Buches hat uns beeindruckt: „Er (.i.d. Klein, W.) hatte Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Die Demonstranten schrien „Boycott Nazi Germany“, die Polizisten drängten sie immer wieder ab, Schlagstöcke baumelten von ihren Gürteln. Die Polizeipferde bäumten sich auf, die Demonstranten wichen kurz zurück, Die Transparente hingen nun schief in der Luft, Faschisten raus wackelte über ihren Gesichtern, und die Pferde glänzten im Blitzlicht der Fotografen.“ (S. 67) – Lesen Sie auch S. 101  die Passage wir Klein 1925 durch New York geht: „Tagsüber ging er die Straßen rauf und runter und blieb manchmal vor den Auslagen stehen…“

Kommen wir nochmal auf die Art und Weise zurück, wie Klein sie Erinnerungen verarbeitet:  In Neuss erklärt er Carl, der Amerikadeutsche Bund hätte sich der Bekämpfung der Kommunisten verschrieben…. Klingt gut meint Carl.“ S. 121  Wollte Klein nicht zugeben, wo er da hineingeraten war? Hängt das damit zusammen, dass er 1939 nicht gleich, erst nach einer Observierung verhaftet wurde? Die Internierung hat er auch unterschlagen?

Wirklichkeitsfremd, dieser Klein? Die Ereignisse in New York haben Klein derart in ihren Bann gezogen, dass er nach seiner Rückkehr nach Deutschland es dort nicht lange aushält. Ist er nun wirklich frei? Er macht sich ich wieder auf den Weg. Diesmal nach Argentinien Er gerät durch alte Bekannte in neue Versuchungen  Haben Sie Gründe für diese Art der Rückkehr/ erneute Ausreise gefunden?

Ulla Lenze
> Der Empfänger
Roman
1. Aufl. 2020, ca. 304 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-96463-9