Lesebericht: Tom Drury, Die Traumjäger

Tom Duruy, Die TraumjägerDie Eltern und ihre beiden Kinder Micah und Lyris sind die Traumjäger. Die Familienbande der Darlings sind ein wenig aus Zufall entstanden. Joans Tochter kam erst 16 Jahre nach der Freigabe zur Adoption auf Umwegen doch noch zu Ihrer Mutter. Der Zusammenhalt existiert, im täglichen Leben sind die Kinder auf ihre Eltern angewiesen; beide kümmern sich um die Kinder, die aber schon versuchen, ihre eigenen Wege zu gehen, zunächst aber noch von den Erwachsenen immer mal wieder aufgefangen werden. Auch die Eltern verlassen die vertrauten Wege und realisieren Wünsche, die nicht so recht zum Alltagsleben passen wollen. Joan hat ihre Vergangenheit als Schauspielerin und Charles sein Klempnerauto, mit dem er in der Gegend umherfährt, und dies und das repariert. Sein Bruder Jerry vergnügt sich mit allerlei Unsinn, in den er Charles manchmal hineinzieht.

Der Roman – von Nora Matocza und Gerhard Falkner wunderbar übersetzt – spielt an einem Wochenende und erzählt in Abschnitten, die immer wieder den einzelnen Familienmitgliedern gewidmet sind, ihre Erlebnisse. Manche Personen tauchen in allen Abschnitten auf und gestalten so die Überleitungen.

Charles‘ Mutter Colette verrät das Motto des Romans: „Wir sind, ich weiß nicht warum, in uns doppelt, so dass wir das, was wir glauben, nicht glauben, und uns von dem, was wir verdammen, nicht befreien können.“ Das steht im Kapitel 16 > De la gloire / Über den Ruhm im Band II der Essais (1580-88) von Montaigne. Das liest sie aus einem CD-Heftchen vor, das zu einer CD des Hilliard Ensemble gehört.

Die Szenen wirken wie Kurzgeschichten. Tom Drury verbindet sie mit der Hilfe von Rückblenden so geschickt mit dem Fortgang der Geschichte, so dass leicht der Eindruck eines Films entsteht. Der Leser lernt die Familienmitglieder der Darlings immer besser kennen, ihre Wünsche, ihre Träume, und die Geschichte erzählt, was sie sich erfüllen können oder wo sie anecken. Vielleicht ein ganz normales Wochenende der Darlings, das aber dennoch alle dazu bringt, etwas zu tun, was sie bisher noch nicht getan haben und das wiederum Folgen für die anderen Familienmitglieder hat. Was löst Entscheidungen aus? Warum wird manches so und nicht anders gemacht? Stimmt es, dass Montaigne, mit seiner „der Lust seiner zuschauenden Einsicht“, wie Hugo Friedrich einst schrieb, Recht hat?

Tom Drury
> Die Traumjäger
Roman
Aus dem Amerikanischen von Gerhard Falkner und Nora Matocza (Hunts In Dreams)
Auflage: 1. Aufl. 2008
255 Seiten
ISBN: 978-3-608-93607-0