Noch auf Stimmenfang bei den Konservativen schwenkte der Kandidat einen verpackten geräucherten Fisch und wollte seine Anhänger, oder die die es werden sollen, daran erinnern, dass die EU auch für die Isle of Man unsinnige Vorschriften erlasse und der Brexit deshalb unbedingt nötig sei:
Is Boris Johnson right about the rules on kippers? https://t.co/Pl9qnFl3WW pic.twitter.com/qjkgYEBs5M
— BBC Isle of Man (@BBCIsleofMan) July 19, 2019
Nun diese Vorschrift stammt von den britischen Behörden und die Ils of Man hat mit der EU nichts zu tun.
Aber mit Winston Churchill hat Boris Johnson es viel genauer genommen und unsere Redaktion hat seinem Buch einen unserer längsten Leseberichte gewidmet: > Lesebericht: Boris Johnson, Der Churchill-Faktor – 18. Januar 2016 | Autor: Heiner Wittmann. Es lohnt sich, diesen Bericht jetzt noch einmal zu lesen, da es doch sehr interessant ist, wie ein Premierminister das politische Leben und Werk eines seiner Vorgänger beurteilt. Winston Curchill: 1939 wird er Ersten Lords der Admiralität (=Marineminister). AM 10. Mai 1940 wird er Premierminister und auch Kriegsminister bis 1945. Wieder Premierminister 1951-1953. 1955 und 1959 wurde er als Abgeordneter wiedergewählt, so war über 60 Jahre lang Mitglied des Parlaments.;
Beim Stand der Dinge, ist das Kapitel 20 Churchill, der Europäer (S. 334-351) besonders lehrreich: einmal wegen des Vermächtnisses von Churchill, der Zeitgeschichte, die Jahre der Attlee-Regierung und dann wegen der Art und Weise, wie Johnson die Haltung Churchills zu Europa bewertete: Die Absage der Regierung Attlee, der Montan-Union – > 9. Mai 1950 : Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) – 9. Mai 2019 – nicht beizutreten, erscheint bei Johnson als ein kapitaler Fehler: Auf S. 327 heißt es: „An Robert Schuman schickte man einen Brief, in, dem ihm für seine interessanten Ideen gedankt, aber eine Teilnahme an Gesprächen mit höflichen Worten abgelehnt wurde. Nach Ansicht vieler Beobachter auf beiden Seiten des Ärmelkanals ist dieser Vorgang ein absolut entscheidende Wendepunkt der Geschichte Großbritanniens und Europas das war der Augenblick indem wir den Bus, Zug das Flugzeug Fahrrad und so weiter nach Europa verpassten.“ Und dann folgen Sätze, die auf den Brexit hindeuten: „Es sollte fast ein Vierteljahrhundert dauern bis Großbritannien schließlich beitrat – und zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Strukturen der EU bereits auf eine Art verfestigt die für Großbritannien und für puristische Vorstellung von nationaler demokratische Souveränität schwer zu akzeptieren waren.“
Dieses Kapitel 20 ist so interessant, weil es vielleicht doch ein wenig Aufschluss darüber gibt, wie Johnson – jenseits aller populistischen und oft falschen Parolen – über Großbritannien und Europa wirklich denkt: In seinen Ausführungen zu Churchill und dem Beginn er Montanunion klingt Bedauern über verpasste Chancen an: “
Wäre Churchill 1948 an der Macht gewesen, hätte er darauf Wert gelegt mit am Tisch zu sitzen und hätte der Churchill-Faktor bei diesem sehr frühen Gesprächen auf europäischer Ebene eine Rolle gespielt – wer weiß vielleicht hätten wir dann heute ein anderes EU Modell das stärke Angel sächsisch orientiert und demokratischer ist. Im Jahr 1950 weiß vielleicht bereits zu spät. Ja, Labour hat die Fähre zum Kontinent verpasst und das war ein Fehler. Aber die Wahrheit ist: Monnet und Schuman wollten Bitten wenn ich gar nicht mit am Tisch sitzen sehen. Sonst hätten sie der britischen Regierung für ihre Antwort einen vernünftigen Zeit Raum eingeräumt, anstatt die Gespräche in einem derart halsbrecherischen Tempo einzuberufen und sie hätten die Zustimmung zu einem supranationalen Vorgehen nicht zur Bedingung für eine Teilnahme gemacht. Churchill empfand beim Blick auf das was ich deinen Fünfzigerjahren in Europa entwickelte keine ausgeprägtem Gefühl des Grolls, Bedauerns oder Ausgeschlossenseins. Im Gegenteile er betrachtet die heranreifenden Pläne für einen Gemeinsamen Markt mit väterlichen stolz es war seine Idee gewesen diese Länder zusammenzubringen und so unauflöslich aneinander zu binden, dass sie nie wieder Krieg gegeneinander führen konnten und er kann heute noch bestreiten, dass diese Idee zu spektakulären Erfolg geworden ist?“ S. 348 f.
Ach, wie schön wäre es mit Boris Johnson ,nach einer Lesung durch ihn dieses Kapitel 20 eine Diskussion zu führen oder mit einem Video-Interview nachzufragen. Dazu hat er jetzt wahrscheinlich keine Zeit. Ist das wider besseres Wissen? War das ganze Brexit-Getrümmel für Johnson nur ein Schlüssel für die Tür von 10, Downing-Street. Der neue Premierminister verspricht den Brexit fristgerecht zum 31. Oktober, aber trotz der endlosen Debatten ist das Wie und überhaupt das Ob völlig offen:
It’s time to get to work to deliver Brexit by 31st October, unite the party, defeat Jeremy Corbyn – and energise our country!
Join us ? https://t.co/sbGYHRHKrk pic.twitter.com/8GKVhwUd55
— Boris Johnson (@BorisJohnson) July 23, 2019
Mit und ohne Deal, es ist keineswegs sicher, dass seine schmale Mehrheit im Parlament ihm folgen wird.
Wir gratulieren unserem Autor #BorisJohnson zur Wahl als Vorsitzender der Tories
> https://t.co/0L7QBzOlh9) https://t.co/mCW5GH2u9s
S. 342: Churchill, Zürich, 19.9.1946
"Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa einrichten."@KlettCottaTweet pic.twitter.com/Z2g2X07ACs— blog-klett-cotta (@KlettCottaBlog) July 23, 2019
Auf unserem Blog:
> Anmerkungen zum Lesebericht: Boris Johnson, Der Churchill-Faktor – 18. Januar 2016 – 21. Juni 2016 | Autor: Heiner Wittmann
> Boris Johnson und der #NONBrexit – 26. Juli 2016
Boris Johnson,
> Der Churchill-Faktor
Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz und
Werner Roller (Original: The Churchill Factor. How One Man Made History)
2. Druckaufl. 2015, 472 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, mit zahlreichen s/w Abb. und 3×8 Seiten Tafelteil
ISBN: 978-3-608-94898-1