Das März-Heft des MERKUR ist viel zu schade, um eben mal in resümierender Art und Weise hier in Form eines Blogbeitrags beschrieben zu werden. Jens Bisky, er ist Redakteur der Süddeutschen Zeitung, hat sich die Einkaufszentren in unseren Innenstädten genauer angesehen: In der Architekturkolumne schreibt er über Die Stadt und das Shoppen: “ Kaufhäuser kommen aus der Mode, und Einkaufszentren haben zwar geschäftlichen Erfolg, aber keinen Ruf mehr zu verlieren, ob sie sich nun mit C schreiben oder ‚Arkaden‘ beziehungsweise ‚Galerie‘ heißen. Dass sie des Teufels sind, scheint ausgemacht: Indem sie den Konsumenten ein Paradies vorgaukeln, erschaffen sie eine Hölle für den Bürger.“ Aber er hat auch Beispiele wie in Posen oder die Galeria Kaufhof am Alexanderplatz in guter Erinnerung, aber die sind auch in ihr Umfeld sorgsam eingepaßt und wirken wie hineingewachsen.
Ansonsten sind Einkaufszentren meist ärgerliche Fremdkörper in unseren Städten, und betrachtet man ihre Lage, denkt man unwillkürlich an eine Art der Stadtzerstörung. In Stuttgart wurde das Stilwerk hinter dem > Königsbau versteckt und sorgte für eine wachsende Nachverdichtung. Von oben sieht man förmlich, wie man für die frei Fläche nach Abriss der Post eine neue Verwendung gesucht hat, aber keine Anbindung an ein bestehendes Gebäude realisieren konnte. Architekten sagen, es spricht nicht zu seinem Umfeld, oder es sagt höchstens zum Königsbau, „Du kommst auch bald weg.“
Ein Einkaufszentrum ist wie ein außerstädtisches Gebiet. Es hat nie die Anbindung an die Stadt, seine Besucher könnten am anderen Ende plötzlich in Herne, Gelsenkirchen oder Hamm herauskommen, sie würden sich zuerst gar nicht wundern.
Was man aber in Passau mitten in die Stadt gebaut hat, nämlich die Stadtgalerie, das übertrifft die kühnsten Befürchtungen:
Zwar hat hat man noch zaghaft eine Verbindung zu den Fassaden herstellen wollen, aber auch so kann
der abweisende Charakter dieses Bauwerks kaum gemildert werden:
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Die Fenster weder zum Rein-noch Herausschauen, sind nur geeignet, der Kahlen Wand eine gewisse nichtssagende Struktur zu verleihen.
Und was will man in Stuttgart hinter dem Bahnhof bauen? > S 21 ist die Kurzformel für das Drehen um 90° und Eingraben des Stuttgarter Hauptbahnhofs sowie die Bebauung der freiwerdenden Gleisanlagen. Auf dem Gebiete des früheren Güterbahnhofs entsteht schon die Bibliothek des 21. Jahrhunderts. Und man darf fragen: > Kann man ein neues Stadtviertel aus sich heraus beleben?. So viel freier Platz! Und was will man noch bauen? Wohnungen und natürlich ein Einkaufszentrum. Zur Zeit sucht man nach Möglichkeiten, die durch die Vorschriften begrenzte Zahl von 2000 Parkplätzen zu vergrößern.
Einkaufszentren sehen innen überall gleich aus. Die architektonisch mehr oder weniger pfiffigen Gestaltungen schaffen nur sehr selten einen Bezug zu der Stadt. Man kann eine Stadtseele nicht bauen. Stadtentwicklung ist etwas hoch Sensibles und benötigt Stadtgeschichte und Eigeninitiative der Bürger. Anonyme Investoren, die nur den Umsatz/qm im Kopf haben, schädigen unsere Innenstädte. Außerdem haben Einkaufszentren in Stadtquartieren, besonders, wenn sie neu konzipiert werden einen ganz entscheidenden Nachteil. Sie ziehen nur zeitweise Menschen an, ohne deren Aktivität im neune Stadtquartier wirklich zu verankern. Mit den Einkaufszentren geht auch eine Kultur des Einzelhandels verloren. Statt sich auf das gewünschte Einkaufsgut konzentrieren zu können, muss der Käufer große lagerähnliche Geschäftshallen durchschreiten, um Waren anzusehen und zu derem Anfassen verführt zu werden, von deren Existenz er beim Betreten des Ladens gar nichts wusste. Heute habe ich in einem kleinen Schreibwarenladen ein Tintenfässchen gekauft. Das war richtig gut. Wie lange muß man danach in einem Einkaufszentrum suchen.
> MERKUR
Christiane Harriehausen, > Der Wandel zur Erlebniswelt
Einkaufszentren in Deutschland verändern ihr Gesicht. Alle drei Wochen wird ein neues Objekt in Deutschland eröffnet.
FAZ, 26. September 2008