Frank Schmiechen meint, Jaron Lanier würde „ziemlichen Unsinn“ reden

Das > Die Reform des Urheberrechts in Europa (I) www.france-blog.info passt zu diesem Beitrag.


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> Dieser Zausel redet ziemlichen Unsinn ist der Titel des Kommentars von Frank Schmiechen in DIE WELT (18.10.2014) zu Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Jaron Lanier. Wie bitte? F. Schmiechen hat das Buch von Jaron Lanier vielleicht gar nicht gelesen: Jaron Lanier, Wem gehört die Zukunft. Du bist nicht der Kunde der Internet-Konzerne, du bist Ihr Produkt (Joffmann und Campe, Hamburg 2014). F. Schmiechen schreibt: „In Zeiten des Internets, sagt Lanier in seiner Rede weiter, seien geistige Arbeit, Kultur und Patente nichts mehr wert,“ das stimmt so nicht. Natürlich sind sie viel wert, aber sie werden in Zeiten des Internets nicht entsprechend der erbrachten geistigen Arbeit gewürdigt.


Der Bericht über die Preisverleihung an Jaron Lanier in der Frankfurter Paulskirche steht hier > Jaron Lanier erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels > Contribuez à l’ambition numérique de la France (I), weil er als Anregung so gut zu dem Projekt des französischen Premierministers Manuel Valls passt, die Bürger nach den Grundlagen für ein neues Digitalgesetz zu befragen, passt. Eine Rezension des Buches von Jaron Lanier folgt.


> „Technologie ist eine Religion geworden“ – Gespräch der WELT mit Jaron Lanier – 11.10.2014


Geärgert: Frank Schmiechen, Chefredakteur der „Gründerszene“, hat sich über den Auftritt von Jaron Lanier geärgert: „Mit hüftlanger Dreadlockfrisur, bunter Brille, Zauselbart spielt er auch noch ein kleines Lied auf der laotischen Flöte aus Bambusröhren. Wie aus einem Fantasyfilm entsprungen.“ Urteilen wir lieber nicht nach dem Aussehen, sondern nach dem Inhalt.


>Die Aktualität der Meldungen im Internet oder: Kann das Internet Aktualität vermitteln?
3. April 2013 von Heiner Wittmann
Beim gestrigen Themenabend von ARTE wurde über Google und sein Buchprojekt berichtet. Es ging immer wieder um das ganze Wissen, das eingescannt werden soll. Als ob das Wissen der Welt lediglich in Büchern sei! Was ist mit den Archiven in allen Orten von allen Institutionen aus allen Zeiten. Da stecken die Informationen, von denen durch Bücher erst ein kleiner Prozentsatz gehoben ist.

Bei diesen Statements über die Qualität des Internets klingt auch immer die Vorstellung mit, im Internet könne alles gefunden werden. Weiterlesen…


Lanier, so hat Schmiechen ihn verstanden, “ warnt er vor den Gefahren einer neuen „Bewusstseinsindustrie“, die die Schöpfung „zerlegen, berechnen und programmieren“ wird.“ Das stimmt, das macht Lanier mit Nachdruck. Schmichen wendet sich an die Wissenschaftler und fragt sie, was sie zu so einem Aufruf sagen? das Wort „Wissenschaftler“ soll dem folgenden Satz wahr machen. „Mit Zerlegen, Berechnen und Optimieren hat die Menschheit bis heute ziemlich gute Erfahrung gemacht. Das ist das bewährte Instrumentarium der Aufklärung – und trotz einiger Rückschläge ein Erfolgsmodell.“ O je, jetzt geht alles durcheinander. Die Epoche der Aufklärung wird in die Nähe der digitalen Welt gerückt, um deren Gefahren es hier geht.

„Er (i. E. Lanier, H.W.) ärgert sich vor allem über Netzgiganten wie Google, Amazon und Facebook, die mit unseren persönlichen Daten sehr viel Geld verdienen, weil sie in der Lage sind, passgenaue und reichweitenstarke Werbung zu schalten. „Wir leben in gruseligen Zeiten“, sagt Lanier. Weil sich das Geld in den Händen weniger Milliardäre konzentriert.“ Recht hat, bei jedem Wort, dass von mir in Facebook oder Twitter erscheint, oder jedes Foto von mir das Google unrechtmäßig in seiner Bildersuche anzeigt, wundere ich mich immer wieder, daß ich dafür nicht anständig honoriert werde. Lesen wir weiter? Schmiechen stellt fest: „Seine Forderung nach mehr Menschlichkeit und Liebe zur Schöpfung bekommt an dieser Stelle eine leichte Schlagseite. Geht es ihm eigentlich um gerechtere Verteilung von Kapital?“ Nein, Herr Schmiechen, darum geht es nicht oder nur ganz am Rande. Es geht um den Anspruch, den Autoren geistiger Inhalte haben, wenn ihre Werke veröffentlicht werden. Sicher mein Honorar auf diesem Blog ist u. a. Die Aufmerksamkeit mit der ich bei der Lektüre der Artikel auf diesem Blog rechnen darf. Und vielleicht verlinkt jemand meinen Artikel… Bezahlen wird er dafür nicht, – sollte er nach Lanier – aber er gibt mir ein bisschen mehr Aufmerksamkeit, in dem er diesen Artikel mit anderen teilt.



> Lesebericht: William Gibson, Misstrauen Sie dem unverwechselbaren Geschmack
6. Mai 2013 von Heiner Wittmann

William Gibson > Misstrauen Sie dem unverwechselbaren Geschmack. Gedanken über die Zukunft als Gegenwart hat hier einer Auswahl seiner Texte eine Phänomenologie der digitalen Welt , die uns heute umgibt, vorgelegt. Er lädt zu einem sachgerechten Umgang mit den Medien ein. Er lässt durchblicken, dass er von ihren Möglichkeiten durchaus fasziniert ist, aber er hat sich auch einen vernünftigen Abstand zu ihnen bewahrt. …

William Gibson schreibt über Literatur, Musik, Mode, Film, die japanische Kultur und berichtet aus der digitalen Zukunft vieles, was sich bei uns schon längst bemerkbar macht. … Weiterlesen

Mit der > Stichwortsuche „Internet“ auf diesem Blog finden Sie ca. 35 Artikel, in denen das Wort Internet vorkommt.


Honorare: Würde jeder Leser 20 Cent für jeden gelesenen Artikel auf diesem Blog entrichten, könnte ich ab morgen jemanden dafür honorieren, für die Tippfehlerfreiheit auf diesem Blog geradezustehen, und ich hätte eine Lösung für das Problem der Reisekosten, die für diesen Blog entstehen.

„Wir sind heute trotz der etwas unbeholfenen Algorithmen, die uns mehr oder weniger sinnvoll Produkte vorschlagen, trotz Facebook, das unsere Einträge sortiert, viel freier in unseren Kauf- und Informationsentscheidungen als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte.,“ jubelt Schmiechen ganz zu Unrecht. Jede Website einer Zeitung raubt uns durch das Übermaß an Werbung die Konzentration auf die Fakten dessen, was uns interessiert. So schnell und leicht kann geklickt und gekauft werden! Wieviel Prozent der Online-Einkäufe entsprechen einem vorformulierten Kaufwunsch?

F. Schmiechen wirft alles durcheinander: Er schreibt: „Lanier spricht vom „Ende der Freiheit“. Das Gegenteil ist der Fall. Wir erleben gerade den Anfang einer neuen Freiheit. Es ist sinnlos, an Berufen und Branchen festzuhalten, die durch Computer überflüssig werden.“ Nein, wir erleben eben keine neue Freiheit, sondern die Knechtschaft des Zwangs zum Verschenken, die Weigerung der der Surfer für die Nutzung von geistigen Inhalten zu bezahlen. Das ist der Punkt. Open-Source gaukelt vor, alles sei kostenlos.


Digital und kostenlos? Open Access
2. Mai 2009 von Heiner Wittmann

Noch immer lese ich in Peter Kaedings Buch > Die Hand über der ganzen Welt. Johann Friedrich Cotta – Der Verleger der deutschen Klassik, wie Cotta mit seiner Tätigkeit als Verleger zwischen Lesern und Autoren vermittelt und ganz ohne Internet deren Werke bekannt macht. Man muss schon eine starke Überzeugung von den Wohltaten des Internets haben, um Cottas Wissen und Erfahrungen unterschätzen zu können. Und mitten in dieser Lektüre über den Verleger von Goethe und Schiller taucht der > Heidelberger Appell auf, in dem Roland Reuß die Beibehaltung der Publikationsfreiheit anmahnt. In diesem Zusammenhang wurde auch Open Access erwähnt… Weiterlesen

> Das Urheberrecht ist im öffentlichen Raum – 22. Juli 2009 von Heiner Wittmann


Dabei kostet die Erstellung jedes Bytes Geld. Wissenschaftler, die von öffentlichen Finanzen unterstützt werden, bekommen von der öffentlichen Hand bestimmt NIE soviel Honorar oder vergütungen, wie sie in ihrem Leben an finanziellen Mitteln investiert haben, um diesen Artikel schreiben zu können. Und sie sollen ihn als Open Source verschenken, weil der Staat etwas dazugegeben hat? Nein die Forscher und der Staat müssten von den Nutzern eine Vergütung bekommen. Denn kostenlos ist nichts. Und das Gegenteil ist sehr schwer zu beweisen.

„Musiker sind seit einigen Jahren zum ersten Mal in der Lage, ihre Musik ohne große Plattenfirmen und teure Studios zu produzieren und zu verbreiten. Einfach auf dem Laptop,“ schreibt F. Schmiechen. Lanier hält dagegen und santwortet klar und präzise, auch pointiert: „Kopiert man Musik, nimmt man einem Musiker die menschliche Würde.“ S. 83

Humanismus und Internet? „Der Humanismus beginnt jetzt. Mit all den technischen und digitalen Möglichkeiten ist er noch mächtiger geworden. Wir sind nicht die Summe unserer Daten, die von Firmen und Staaten fleißig gesammelt werden. Die Menschheit kann mit Hilfe von Computern und Internet viel mehr sein – viel freier, kreativer und gerechter, als es sich Jaron Lanier vorstellen kann,“ schreibt F. Schmiechen. Wie bitte? Ich halte es viel lieber mit dem Humanismus, so wie Jean-Paul Sartre oder Albert Camus ihn in ihren Werken bezüglich der Kunst und der Freiheit ausgedrückt und gefordert haben. Aber die digitale Welt mit ihren Möglichkeiten als neuen Humanismus zu feiern? Er wird durch die digitalen Perspektiven nicht mächtiger, er hat als Idee mit ihnen vielleicht gar nichts zu tun. > Schreiben Sie mit der Hand oder der Tastatur? Sicher es gibt unglaubliche Segnungen und Fortschritt aller Art durch die digitale Technik. Aber auch mit den Weiten des Internets und einem Laptop kann kein Student eine Arbeit über Albert Camus oder Jean-Paul Sartre schreiben, wenn er seine Nase nicht in Bücher steckt und den Gang in die Bibliothek scheut. Das gilt so ziemlich für alle geisteswissenschaftlichen und viele naturwissenschaftliche Themen. F. Schmiechen schreibt: „Zur liebenswerten Schöpfung gehören übrigens auch Computer, Smartphones und die sozialen Netzwerke, in denen Millionen Menschen täglich unterwegs sind. Und zu all den Geräten und digitalen Anwendungen, die uns umgeben, gehört immer noch ein Mensch, der sie benutzt und Schlüsse aus den Daten zieht.“ Er zieht nur Schlüsse aus den im Netz vorhandenen Daten, die immer noch nur einen winzigen Bruchteil von den mengen an Informationen abbilden, die in Bibliotheken und Archiven ruhen. Kein Historiker wird für noch sehr lange Zeit ein Buch nur mit Hilfe des Internets schreiben können.

Grundsatzkritik: Lanier schreibt auch: „Warum ist die Idee des freien Informationsaustauschs gescheitert? Weil sie die Natur der Informationstechnologie ignorierte.“ S. 20 – Ich beschäftige mich mit dem Problem, dass die Art und Weise , wie wir wirtschaftliche und kulturelle Tätigkeiten digitalisieren, letztendlich zu einer schrumpfenden Wirtschaft und einer neuartigen Konzentration von Macht und Reichtum führt, die nicht nachhaltig ist.“ S. 86

„Die Menschheit kann mit Hilfe von Computern und Internet viel mehr sein – viel freier, kreativer und gerechter, als es sich Jaron Lanier vorstellen kann,“ behauptet Frank Schmiechen. Ob der Siegeszug der Computertechnik die Freiheit und die Kreativität der Menschen befördern können, das muss erst noch nachgewiesen werden. Mehr Gerechtigkeit durch den Computer? Wie soll das funktionieren?

Klar, mit Hilfe des Internets kann ich meine Blogs schreiben und der PC hilft mir beim Formatieren der Druckunterlegen meiner Bücher. Ganz ohne Zweifel ist die weltweite Kommunikation in Echtzeit ein toller Fortschritt. Aber bin ich dadurch freier? Kreativer? Vor der Internetzeit habe ich Fotos gemacht… Im Französischunterricht haben wir uns in der Schule auf lange Texte konzentriert. Hätte ich damals mit dem PC auch soviel gelesen?

Lanier stellt einige Betrachtungsweisen auf den Kopf, und der Ärger von Schmiechen beweist, dass Lanier den Finger dahin gelegt hat, wo le bat blesse: Wir werden durch das Internet unfreier, weil Andere mit unseren Inhalten Geld verdienen, ohne im Traum daran zu denken, uns dafür gerecht zu honorieren. Urheberrecht, gerechte Autorenhonorare, Freiheit der Kunst und des Schreibens, das sind Laniers Themen.

P.S.
Meine Internet- und Medienbegeisterung:


Lesebericht: McLuhan, Fiore, Das Medium ist die Massage -17. Juni 2011 von Heiner Wittmann

Ungefähr ab der Mitte des letzten Jahrhunderts haben die neuen elektronischen Medien die Schrift mit ihrer Leitfunktion bei der Übermittlung von Botschaften und Inhalten abgelöst, will man Marshall McLuhan und der Einleitung von Regine Buschauer in das Werk von McLuhan (> NZZ, 19. Januar 2001) Glauben schenken. In Bezug auf die elektronischen Medien ist das sicher richtig, aber Fotos und Bilder, Gemälde aller Art haben schon viel früher der Schrift ihren Rang streitig gemacht. Beschränken wir uns aber tatsächlich auf die elektronischen Medien, dann stimmt die Beobachtung von McLuhan, und Klett-Cotta hat eine gute Idee gehabt, sein Buch > The Medium ist the Massage (1967/1969) auf deutsch zu veröffentlichen.

Aber an Warnungen darf es nicht fehlen:

>Lesebericht: Paula Bleckmann, Medienmündig -13. Februar 2012 von Heiner Wittmann
Paula Bleckmann möchte in ihrem Buch > Medienmündig. Wie unsere Kinder selbstbestimmt mit dem Bildschirm umgehen lernen nicht wieder der schon immer viel beschworenen Medienkompetenz das Wort reden, sondern sie hat die Erziehung zur Freiheit und zur Autonomie im Blick. Sich und die Kinder nicht von den Medien vereinnahmen lassen, darum geht es in ihrem Buch, und dazu gehört mehr als nur Know-how für den Umgang mit den Medien. Ihre Botschaft ist eindeutig. “Zu früher Medienkonsum führt in die Abhängigkeit, nicht in die Mündigkeit.” (Klappentext) – Fragen wir doch mal: Woran liegt es eigentlich, dass Schülerinnen und Schüler in erster Linie nur Konsumenten im Internet sind? Web 2.0 bedeutet für sie wie für alle anderen FBler sich nur auf ausgetretenen Pfaden zu bewegen ohne einen besonderen Erkenntnisgewinn. Also was läuft in der Medienpädagogik schief?…
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