Das Dezember-Heft des MERKUR ist erschienen. Volker Gerhardt versucht, eine Bemerkung Platons zu verstehen: Die Politik ist eine wahre Tragödie. Auf diese Weise trägt er kurzgefasst aber nicht minder präzise eine politische Ideengeschichte vor, die auch für Schüler in der Oberstufe sehr lesenswert ist. Hier werden Zusammenhänge erläutert und auch Grundwissen vermittelt, das auch Schülern einen Ausblick auf die Bedeutung der Geschichte und der Politischen Wissenschaften vermitteln können. Platon wiederlesen, das macht man, wenn man diesen Artikel gelesen hat. – Peter Baldwin fragt Wie breit ist der Atlantik?, er vergleicht europäische und amerikanische Realitäten und vermittelt dabei wichtige Einsichten in politische und wirtschaftliche Grundbedingungen. – Heinz Theisen votiert für eine Koexistenz der Kulturen: Grenzen der Integration. Er spricht sich für einen „Paradigmenwechsel“ aus: „von der Integration zur Koexistenz der Kulturen.“ (S. 1124). – Thomas Speckmann analysiert Russlands und Chinas doppelte Strategie: Vom Krieg der Stellvertreter und erklärt, wieso heute viele Russen die NATO „als ein sehr feindlicheres Bündnis als in den neunziger Jahren“ (S. 1143) beurteilen. Die Osterweiterung der NATO und die weltweiten Operationen der NATO bis zum Hindukusch haben dazubeigetragen. Solche Artikel erinnern mich immer wieder an Professor Hans-Adolf Jacobsen, der uns in Bonn die Grundlagen des Systemvergleichs zwischen Ost und West erläuterte und immer wieder auf die Bedrohungsperzeptionen des Gegenübers verwies.
Kathrin Passig schreibt in ihrer Internetkolumne über Standardsituationen der Technologiekritik und erklärt das Auf und Ab der Befürwortung und Ablehnung neuer technischer Entwicklungen. Gerade erst hat Frank Schirrmacher in > Payback Ähnliches versucht und die Korrekturen aus seiner Sicht vorgetragen. Twitter, SMS, Google, E-Books u. ä. werden immer wieder zitiert und in ihrer künftigen Bedeutung über- oder unterschätzt. Passig weist daraufhin, wie stark die Technologiekritik vom Lebensalter und weniger von ihrem Gegenstand abhängt. – Horst Dreier berichtet in seiner Rechtskolumne über Die drei gängisten Irrtümer der Weimarer Reichsverfassung, und Walter Grasnik rezensiert den band von Ino Augsberg, Die Lesbarkeit des Rechts Texttheoretische Lektionen für eine postmoderne juristische Methodologie, Weilerswist: Velbrück 2009. – Gary Saul Morson beschriebt, wie Jonathan Brent in Stalins Archive gelangt: Durchdringender Gestank.
Und dann folgen noch die Beiträge, die aus dem Essaywettbewerb Unter dreißig herovrgegangen sind: Thomas Zaugg, Die Banalität des Balls, Johann Gottfried Hoof, Mein Verein, David Ludwig, Fledermäuse und die missverstanden Biologie des Menschen. Michael Pietrucha, Wenn ich nur wüste, was eine Fledermaus ist, Mansur Seddiqzai, Auf dem Weg weiser und Kai Spanke, Aus dem Leben eines Taschentuchs.