Eine Petition fordert den Bundestag auf, den kostenlosen Zugang zu öffentlich geförderten wissenschaftlichen Publikationen sicherzustellen.
> https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=7922
„Text der Petition: Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, allen Bürgern kostenfrei zugänglich sein müssen. Institutionen, die staatliche Forschungsgelder autonom verwalten, soll der Bundestag auffordern, entsprechende Vorschriften zu erlassen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen.“
Im Grunde genommen ist das Anliegen dieser Petition leicht nachvollziehbar. Wenn der Staat mit der Unterstützung öffentlicher Gelder forschen lässt, dann sollten die Bürger die Ergebnisse dieser Forschungen kostenlos erhalten können.
Das klingt bestechend, einfach und fast schon logisch. Ist es aber nicht. Denn die Förderung von Forschung muss ja nicht notwendigerweise auch gleich deren Verbreitung abdecken. Tut sie es, werden bestimmt weniger Projekte gefördert, da der Topf nie für alle reicht.
Der Ruf nach kostenfreier Verbreitung der mit staatlicher Unterstützung geförderten Forschungsergebnisse hat aber auch noch eine andere Dimension. Aus welchen Gründen soll sich die Wissenschaft freiwillig in eine immer größere staatliche Bevormundung begeben? Wenn nicht nur die Erstellung wissenschaftlicher Publikationen, sondern auch deren Lektorierung, Herausgeberschaft, Digitalisierung, Bereitstellung, Katalogisierung, Vertrieb und Bekanntmachung mit öffentlicher Unterstützung erfolgen sollen, wird die Abhängigkeit der Wissenschaft vom Staat noch größer werden.
Die Zeit der Staatsverlage haben wir in Deutschland eigentlich überwunden. Die Institutionen, die staatliche Fördergelder verwalten, sollen sich als Forschungsinstitutionen betätigen und nicht zu Verlagen werden, die on- und vielleicht sogar offline veröffentlichen müssen. Woher kommt eigentlich das so grenzenlose Vertrauen in staatliche, halbstaatliche oder ähnlich öffentlich geförderter Institutionen, sie würden die ihnen anvertrauten Aufgaben schon sachgerecht verwalten? Eine Überantwortung der Forschung an die öffentliche Hand, beschwört doch auch die öffentliche Kontrolle über die Forschungsergebnisse geradezu herauf. Vielleicht haben solche Befürchtungen eher nur theoretischen Charakter. Dennoch, die Kontrolle über solche Institutionen ist kaum gegeben, abgesehen davon, dass diese Institutionen meist auch gar nicht wie Verlage ausgerichtet sind. Die Schaffung der technischen Voraussetzungen verschlingt ganz sicher Gelder, die der Forschung abgezogen werden, da Veröffentlichungen nun mal nicht zum Nulltarif zu haben sind.
Dahinter steckt wieder einmal ein subtiler Angriff auf das Urheberrecht. Wie gesagt, öffentlich geförderte Forschung könnte in ihren Vereinbarungen bestimmte Absätze enthalten, die die kostenfreie Weitergabe der Forschungsergebnisse festlegen. Aber eine Verpflichtung für deren kostenfreie Publizierung, also die Bestimmung, der Staat oder die von ihm bezahlten Institutionen müssen dafür die Kosten übernehmen bringt die Wissenschaftler und das Urheberrecht in Bedrängnis. Wird einem solchen Ansinnen wie dieser Petition stattgegeben, findet auch bald der nächste Angriff auf das Urheberrecht, der Schriften Statt, die beispielsweise von Professoren verfasst werden, weil diese ja auch öffentlich besoldet werden.
Die Folge wäre eine Art Verstaatlichung der Forschung, der wir in in Deutschland mit der DDR vor 20 Jahren gerade entkommen sind.
Und was man mit den Erfolgen von Johann Friedrich Cotta, so wie er seinen Verlag und die Wünsche seiner Autoren und Leser zwischen den Untiefen der Zensur aber auch zum wohl der Literatur selbst hindurchgesteuert hat, kann man auch die Kritik an Open Access (2. Mai 2009) verbinden.
Ergänzung:
Lars Fischer: > Kurz zu meiner ePetition „Kostenloser Erwerb wissenschaftlicher Publikationen“, 11.11.2009, schreibt u.a. :
„Zuerst einmal bezieht sich die Petition ausschließlich auf wissenschaftliche Veröffentlichungen, die nach einem Peer Review in den einschlägigen Fachzeitschriften publiziert werden. Nicht gemeint sind populärwissenschaftliche Publikationen, Bücher, Berichte aus Tageszeitungen und andere Texte, die Verlage von Autoren einkaufen. Außerdem gibt es zwei sehr unterschiedliche Modelle des Open Access. „Goldener“ Open Access bedeutet, dass die Fachzeitschrift selbst kostenlos zugänglich ist.“
> Open Access. Akademisches Wissen soll im Netz kostenlos sein
Von Hendrik Werner, DIE WELT online 17. November 2009, 16:02 Uhr