Gerade ist der neue Roman von Urs Augstburger, > Kleine Fluchten erschienen. Rea und Peer sind in die Berge gereist. Dort veranstaltet seine Firma ein Fest, das ihnen und ihrer Ehe bestimmt gut tun wird. Durch einen Zufall ergibt sich für Rea eine Bekanntschaft, die nach einer kurzen Berührung zuerst ganz virtuell bleibt, in der es dann immer mehr online so angenehm knistert (Dazu Shirley P. Glass, Jean Coppock Staeheli, >Die Psychologie der Untreue, Stuttgart: Klett Cotta 2015, S. 56 ff: Die Intimität der sozialen Medien.) Man kennt das, er sitzt dauernd vor seinem PC, Peer ist Softwareentwickler, da fällt einem ständig etwas ein, was gleich verbessert, optimiert werden muss. Natürlich bekommt Peer die „morgendlichen Kämpfe mit den Kindern“ (Moritz und Stina) nicht mit. Kommunikation läuft bei beiden oft nur über SMS. Peer hat eine wilde Zeit in Second Life hinter sich. Dann ist da noch Paula, Reas Schwester mit ihrem Mann Delios. Rea und Peer „verbrachten ihre Tage in komplett verschiedenen Welten“ (S. 27). Die Nordstern-Party beginnt, bei der die neue Chefin von Dan Reisinger eingeführt wird: Dordi Larsson. Auf dem Dach beobachten sie das Feuerwerk.
> www.kleinefluchten-das-buch.com/
Da geschieht es: „Aus der Berührung war ein sanftes Streicheln geworden.“ (S. 39) Dazu Shirley P. Glass, Jean Coppock Staeheli, >Die Psychologie der Untreue, op. cit., S. 42 ff: Wenn die Gefahr einer Grenzüberschreitung größer wird. Sie weicht aus, und als sie sich umdreht, ist der Platz hinter ihr leer. Peer hat nichts bemerkt, sagt aber nach dem Feuerwerk zu Rea: „Dir hat es offenbar besonders gut gefallen.“ (S. 43)
Mit dem Unbekannten beginnt Rea eine E-Mail-Korrespondenz, während Peer im Büro nähere Bekanntschaft mit Dordi Larsson macht, die dafür sorgt, dass er seine Selbständigkeit wieder aufgibt. Während Rea Fotos und Bilder online mit xy austauscht, entwickelt sich langsam aber stetig etwas mit Peer und Dordi: Dazu Shirley P. Glass, Jean Coppock Staeheli, >Die Psychologie der Untreue, op. cit., S. 164 ff: Der Übergang in ein Doppelleben. Beide genießen die Anspielungen, die Versuchungen und verstecken ihre Schwärme voreinander. Beide kalkulieren ihre Chancen, überlegen, was sie vor wem verheimlichen müssen, und alles steigert das Verlangen nach dem Neuen, nach der Abwechslung. Fällt es Peer nicht auf, das Rea plötzlich Facebook liebte und darauf drängte, online zu sein? Obwohl sie Peer angedroht hatte, weg zu sein, wenn er wieder bis spätnachts vor dem Computer hocken würde (vgl. S. 122).
Shirley P. Glass, Jean Coppock Staeheli,
>Die Psychologie der Untreue
Mit einer Einführung und aus dem Amerikanischen
übersetzt von Susanne Nagel (Original: Not »Just Friends«. Rebuilding Trust and Recovering Your
Sanity After Infidelity)
1. Aufl. 2015, 448 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98047-9
Der Erzähler lässt es sich nicht nehmen, die Beweggründe beider zu untersuchen: „Peer verspürte keine echten Schuldgefühle, er hatte nur gesucht, was zwischen ihm und Rea nicht möglich war,“ (S. 278) während Rea sich die Realisierung ihrer Online-Freundschaft erträumt. Augstburgers feine Beobachtungen zusammen mit den Features des Online-Verkehrs machen dieses Buch zu einer spannenden Lektüre, wenn auch das Muster der > Untreue bei Rea und Peer sich ähnlich entwickelt.
Die Grenzüberschreitungen fangen online an, und Peer erlebt dabei eine große Überraschung, die ihn nur noch tiefer hineinzieht. Der Leser wartet darauf, dass die Wünsche beider sich erfüllen, währenddessen überholt Stina ungewollt ihre Eltern. Während die Eltern sich auf Abwegen tummeln, bahnt sich sich da mehr als etwas zwischen Stina und ihrem Freund Dirk an. Mit 14 ist Stina viel zu jung, befürchtet Rea. Und tatsächlich gibt es Probleme: Party, Alkohol, Fotos und gut dass Nikos, Stinas Cousin, onlinemäßig auf sie aufpasst, mit seinem Wissen den PC von ihrem Freund kontrolliert, und sie, als es eigentlich schon fast zu spät ist, dort rausholt.
Urs Augstburger,
> Kleine Fluchten
Roman
1. Aufl. 2015, 392 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98023-3
So begann unser > Lesebericht: „Urs Augstburger Roman > Als der Regen kam ist ein besonders gelungenes Beispiel, wie ein sehr bedrängendes Problem in literarischer Form vorgestellt und untersucht werden kann. „Für sie, mit den weißen Haaren“ lautet die Widmung des Buches und ist vielleicht als Reverenz an diejenige gedacht, die ihn zu diesem Buch inspiriert hat? Das Buch ist auch ein Essay über Demenzerkrankungen. Helen Nesta ist an Alzheimer erkrankt und befindet sich in einem Pflegeheim. Aus Genua kommend steigt Mauro aus dem Zug, um nach zwei Jahren seine Mutter wieder zu besuchen.“ Bitte weiterlesen.
> Nachgefragt: Urs Augstburger, Als der Regen kam
Urs Augstburger
> Als der Regen kam
Roman
2. Aufl. 2012, 288 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-608-93974-3