Kay Peter Jankrift lädt zu einer Reise ins Mittelalter ein: > Henker, Huren, Handelsherren lautet der Titel seines Buches, in dem er den Alltag in einer mittelalterlichen Stadt beschreibt. Es geht vor allem um Augsburg im 13. und 14. Jahrhundert, als das Spätmittelalter an der Schwelle zur Renaissance. Es ist vor allem die Quellenlage, die seine Wahl auf Augsburg fallen ließ. Kaum eine andere Stadt, außer vielleicht Nürnberg – verfügt über eine so ausgezeichnete Quellenlage wie Augsburg, die das älteste Bürger- und Achtbuch sowie serielle Quellen, zu den Baumeisterrechnungen und Steuerlisten gehören, die teilweise bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen.
1276 bestätigt Rudolf von Habsburg das Stadtrechtsbuch Augsburgs, das den ersten Gesetzestext in mittelhochdeutscher Sprache enthält. Am 9. Januar 1316 erhielt Augsburg die Reichsfreiheit. Deswegen heißt dieser Abschnitt Am Anfang stand das Recht, der hier kurz und knapp auf die besondere Bedeutung der Rechtsgeschichte verweist.
Der Tod in Form der Pest, Judenverfolgungen, Feuersbrünste, Überflutungen bestimmten das Leben der Einwohner. Aber auch die Aufrüstung für Kriege, hohe Steurn (Ungeld auf Wein, Met und Bier) erschwerten zusätzlich das Leben in der Stadt. Burkhard Zink (1396-1574 oder 75) hat eine Autobiographie hinterlassen, in der der Ausgburger Fernhandelskaufmann detailreich seinen im wahrsten Sinne umwegreichen Aufstieg erzählt und eingehen über seine Familienverhältnisse berichtet. 80 Jahre wurde er alt und mit seiner Lebenschronik erhalten wir interessante Einblicke in die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Kay Peter Jankrift faßt seine Chronik zusammen und stellt die Zusammenhänge mit der sozialen Entwicklung Augsburgs her. Die spätmittelalterliche Stadt war auch reich an Sexualdelikten aller Art. Die Täter wurden oft mit dem Einmauern bestraft.
Die Scharfrichter bilden eine eigene soziale Gruppe. Kaum jemand möchte freiwillig mit ihnen Kontakt haben, da ihr Strafarsenal vom Abschneiden einzelner Finger bis zum Rädern und Vierteilen reichte. 1420 erreichte die Pest Augsburg und wütet auch im Haus der Familie Zink.
Man könnte fast meinen, dass das Mittelalter auf einmal vorbei war. Jedenfalls liegen zwischen dem Beginn des Buchdrucks mit beweglichen Lettern 1454 – Amerika wurde am 12. Oktober 1492 entdeckt – und dem Anschlag der Thesen Luthers an das Kirchenportal am 31. Oktober 1517 in Wittenberg nur ein wenig mehr als ein halbes Jahrhundert.
Jankrift zeigt, welch spannende Geschichten aus den Quellen zu heben sind, wie Querverweise eingefügt werden, und die Bedingungen für die wirtschaftliche Etwicklung der Stadt anschaulich zu schildern sind. Die Anmerkungen belegen es, nichts ist ausgedacht oder erfunden. Auch wenn die großen schlimmen Ereignisse wie die Pest und Krieg nicht unbedingt ein Dauerzustand waren und manche der Mitlebenden in ihrem oft kurzem Leben davon oft nichts mitbekamen, so vermittelt dieses Buch dennoch einen interessanten Einblick in die Strukturen der mittelalterlichen Gesellschaft und ziegt, wie auch Städte in ihrer von den auswärtigen Ereignissen abhängen.
Jankrift, Kay Peter
> Henker, Huren, Handelsherren. Alltag in einer mittelalterlichen Stadt
1. Aufl. 2008, gebunden, 252 Seiten,
ISBN: 978-3-608-94140-1