Amanda Vaill hat ein faszinierendes und packendes Buch über den Spanischen Bürgerkrieg > Hotel Florida mit dem Untertitel Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg geschrieben:
Viele Intellektuelle stehen im Zentrum dieser Geschichte. Ernest Hemingway und Martha Gellhorn, die Fotografen Robert Capa und Gerda Taro, und der Zensurbeamte Arturo Barea und seine Geliebte Ilse Kulcsar. Viele von ihnen stiegen im Hotel Florida ab. Das Hotel mit seinen zehn Stockwerken gibt es nicht mehr. 1924 war es gebaut worden und wurde 1964 abgerissen. Im Spanischen Bürgerkrieg diente es von 1936-1939 als Herberge für großen und internationalen Namen.
Etwa 35 000 Freiwillige zogen für die Republik gegen Francos Truppen in den Krieg. Mehr als 17 000 von ihnen überlebten den Bürgerkrieg nicht, der rund eine halbe Million Menschen das Leben kostete. Deutschland und Italien unterstützen Franco, die Sowjetunion half den Republikanern, während die USA, England und Frankreich jede Einmischung in den Krieg ablehnten.
Viele verschiedene Lebensläufe, unter ihnen Michail Kolzow, John Dos Passos, Joris Ivens, Lillian Hellman und Geschichten auf ganz unterschiedlichen Schauplätzen Key West, Paris und New York führen aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf den Krieg zu. Sie wollen alle auf ihre Weise über den Krieg berichten, aus Madrid, Valencia, Teruel, Barcelona, Bilbao und zwischendurch wird die Erzählung wie in einem Roman, wo die Perspektive wieder verengt wird, auf die Ereignisse im Hotel Florida konzentriert, von wo aus alle Protagonisten wieder ausschwärmen auf der Jagd nach der besten Story oder dem besten Bild. Da müssen die Soldaten schon mal für den Photographen losrennen oder sich für ihn in die Deckung schmeißen.
Man spürt, dass sich in Europa etwas zusammenbraut, ein Clash der Ideologien und Systeme, wobei die Republikaner mit ihrer engen Verbindung zur SU auch Probleme bekommen. Die unmittelbaren Augenzeugen reagieren erstmal nur auf Sichtweite und haben nicht immer das große Ganze im Blick, sie denken an ihre kleinen Projekte und finden Wege und Tricks, um sich zu behaupten. Barea schafft es zunächst dem engen Korsett seiner Vorgaben zu entkommen und wird selber Chef seiner Behörde. Hemingway und die anderen reisen zwischendurch weider ab, müsenn aber dann doch einem inneren Drang folgen, die Meldungen von den Fronten ziehen sie immer wieder zurück. Robert Capa und Gerda Taro wollen alle Aspekte des Krieges zeigen, unerschrocken bewegen sie sich in den vordersten Linien. Schließlich wird ein Fronteinsatz Gerda Taro zum Verhängnis.
Barea (vgl. S. 252), der als Zensor weiß, wie es um das Regime steht und zunächst nur positive Meldungen durchlassen darf, beginnt dann doch zu zweifeln und betrachtet mit Sorge, wie Spanien eine (Kriegs-)Versuchsgelände wird: Faschismus oder Sozialismus? So wie der „Rest der Welt“ die Ereignisse in Spanien fieberhaft verfolgte, so beobachten ihn die Protagonisten dieses Romans: „Wir sind von Vornherein verdammt, dachte Barea. Wir können nicht gewinnen, trotzdem müssen wir kämpfen.“
Das Ergebnis der präzise Recherchen von Amanda Vaill muss jeden Leser in ihren Bann ziehen. Oft waren es ganz persönliche Motive, die die Intellektuellen ganz dicht an die Front heranzog, manche kamen und blieben wegen einer Frau, eine Faszination des Kriegsgeschehen dürfte dabei auch gewirkt haben, aber schon früh hatte Capa mit dem Foto des tödlich getroffenen Soldaten das Grauen des Krieges in nur einem Foto festgehalten. Machtlos waren sie alle, um das Sterben und die Barbarei zu beenden.
Am 25. April 1937 überfolgten Flugzeuge der Legion Condor Guernica, nachdem die Bewohner die Schutzräume verlassen hatten, kamen sie wieder und bombardierten die Stadt. Es passt zu den Wirren des Bürgerkriegs, dass Journalisten den Fall von Guernica falsch einschätzten und darüber gar nicht berichteten. Virgina Cowles folgte ihrer Neugierde (vgl. S. 237), besuchte Guernica und obwohl ihr spanischer Begleiter ihr davon abriet, schrieb sie über Guernica.
Barea findet im Sender Beruhigung. Er wird zur voz incógnita de Madrid und berichtet im Rundfunk über die Kriegsereignisse, vor allem aber über die kleinen Leute und die tagtäglichen Ereignisse, man nennt das den Geschehnissen ein Gesicht zu geben. (vgl. S. 269 f.) Vielleicht war das seine persönliche Art, den Druck und die Grausamkeit der Ereignis verstehen und einordnen zu können.
Mit jedem dieser Schicksale ist ein anderer Aspekt des Bürgerkrieges verbunden. Für den Leser ist das Buch zunächst ein Puzzle vieler Namen, das sich beim Lesen sehr schnell zu einem zusammenhängenden Gesamtbild darbietet.
Amanda Vaill
> Hotel Florida
Wahrheit, Liebe und Verrat im Spanischen Bürgerkrieg
Aus dem Amerikanischen von Susanne Held (Orig.: Hotel Florida. Truth, Love, and Death in the Spanish Civil War)
1. Aufl. 2015, 512 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, mit 16 Seiten Tafelteil (s/w)
ISBN: 978-3-608-94915-5