Neuauflage: Lesebericht: Anders Winroth, Die Wikinger. Das Zeitalter des Nordens

winroth-wkingerDie Wikinger. Das Zeitalter des Nordens von Anders Winroth erzählt eine ganze Epoche vom Anfang des 9. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts. Genauso überraschend wie erfolgreich > die Isländer bei der EM 2016 auftauchten, so erschienen die Nordmänner am 24. Juni 843 vor Nantes, um die Stadt zu überfallen. Das Kloster Indre kam auch gleich dran und wurde so gründlich verwüstet, dass der Wiederaufbau nicht mehr stattfand. Wie an vielen anderen Orten später tauchten die Wikinger schnell und unvorhergesehen auf und verbreiteten Angst und Schrecken. Aber oft war nur ihre Ankunft kriegerischer Natur. Schon auf Kriegszügen trieben sie auch Handel, so wie viele von ihnen sich gar nur in friedlicher Absicht bewegten.

Winroth erklärt auch sehr anschaulich die Quellenlage und gibt so zu verstehen, wie historische Erkenntnisse entstehen. Er erklärt den Ursprung der von ihm genutzten Quellen, ordnet sie ein und bewertet sie. Gerade auch weil er einen so langen Zeitraum, mehr als drei Jahrhunderte des Hochmittelalters beschreibt, werden auch Studenten auch Studenten seine Darstellung mit Gewinn lesen können.

„Gewalt in einer gewalttätigen Zeit“ lautet eine der Kapitelüberschriften, in dem die Waffen und ihr Einsatz vorgestellt werden. Prudentius (* in Spanien – † 6. April 861) (*778, Kaiser 813-840) in Aachen erwähnt die Plünderung von Nantes, so als ein Ereignis unter vielen anderen, während Erzbischof Hinkmar (*800/10 – † 882) schreibt auch als Chronist und berichtet über die Nordmänner die „Verwüsteten, plünderten und metzelten“ (vgl. S. 33) Waffenteile und Bilder als Informationen über Schlachten lassen wie Puzzlesteine zu einem Bild zusammenfügen, über das der Historiker berichten kann.

Nicht immer zogen die Wikinger nur in den Krieg, im Kapitel 3 berichtet Winroth über die Familie Rörik, die einen blieben zu Hause, die anderen ziehen im 9. Jahrhundert in die Fremde und kehren nicht wieder zurück, einer von ihnen wurde im Gebiet des heutigen Hollands König als Vasall fränkischer Kaiser und Könige, der andere Rörik ging in den Osten und gründete dort die Dynastie der Rurikiden, die die nächsten 600 Jahre als Großfürsten Russland beherrschte. Vgl. S. 66 Spannende Schicksale, die die Macht der Wikinger unterstreichen.

Kapitel 4 ist der Schifffahrt gewidmet, deren Schiffe auch als Sarg für die Fahrt ins Jenseits wieder entdeckt wurden. Im Museum in Oslo kann man eines der besterhaltenen Wikingerschiffe besichtigen. Winroth verrät auch viel sehr Wissenswertes über die erstaunliche Seemannskunst der Wikinger.

Wie bereits gesagt, die Wikinger führten Kriege, grausame Kriege, aber sie trieben auch sehr erfolgreichen Handel, dessen riesige Reichweite mit den zahlreichen Münzfunden rekonstruiert werden kann.

Wie will man europäische Geschichte verstehen ohne den Anteil der Nordmänner an ihr zu würdigen? Macht wurde gewonnen und schnell wieder verloren. Die skandinavische Geschichte de Mittelalters kennen ziemlich gut durch Chroniken und die Dichtkunst, deren Ergebnisse Winroth geschickt zu einer spannenden Erzählung über politische und Machtrituale zusammenfügt.

winroth-wkingerIn weiteren Kapitel berichtet Winroth über soziale Beziehungen und die Landwirtschaft. Das Kapitel 8 enthält eine Darstellung der „Religionen des Nordens, in die allmählich das Christentum eindringt. Das Kapitel 9 über Kunst und Literatur gehört zu den spannendsten dieses Buches, es ist gut platziert, man kann die Tragweite und die Bedeutung der der hier vorgestellten Schreibkunst noch besser verstehen, wenn man sich vorher über den wirtschaftlichen und politischen Werdegang der Wikinger informiert hat.

Das Ende dieses Zeitalters kommt jäh. Die letzte Schlacht am 25. September 1066 nahe des englischen York bringt den Engländern den Sieg und den Wikingern eine verheerende Niederlage. Ab dann haben es sich die Nordmänner genauer überlegt, ob sie wieder in einen Krieg ziehen.

Anders Winroth hat in konziser Form eine spannende Gesamtdarstellung der Epoche der Wikinger vorgelegt. Keinesfalls nur Krieger, hatten sie eine erheblichen Einfluss auf den Handel in Europa. Die kulturelle, literarischen und dichterischen Zeugnisse ergänzen Winroths Berichte über politische Rituale, und geben der Verbindung von Kultur und Politik in dieser Darstellung einen breiten Raum..

Anders Winroth
Die Wikinger.
Das Zeitalter des Nordens

Aus dem Amerikanischen von Susanne Held (Orig.: The Age of the Vikings)
1. Aufl. 2019, 371 Seiten, broschiert, mit zahlreichen Karten und s/w-Abbildungen
ISBN: 978-3-608-96453-0