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Lesebericht: Keith Lowe, Der wilde Kontinent. Europa in den Jahren der Anarchie 1943–1950

13. Februar 2015 | Autor: Heiner Wittmann

lowe-wilde-kontinentKeith Lowe hat eine spannende Darstellung der unmittelbare Nachkriegsjahre nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst: > Der wilde Kontinent. Europa in den Jahren der Anarchie 1943–1950, die von Stephan Gebauer und Thorsten Schmidt aus dem Englischen übersetzt wurde.

Für Bundespräsident Richard von Weizsäcker (1920-2015) brachte das Jahr 1945 das Ende des Nationalsozialismus: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung,“ wie er es in seiner Rede zur > Gedenkveranstaltung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa am 8. Mai 1985 formulierte. Das Chaos, in das Hitler Naziregime Europa und die Welt gestützt hatte, war damit noch nicht vorbei, aber die Menschen, wie > Albert Camus dies nach dem Abflauen des Virus in La Peste (1947) beschreibt, schöpften wieder Hoffnung.


Das Video: > Nachgefragt: Keith Lowe, Der wilde Kontinent


Betrachtet man die letzten beiden Kriegsjahre in Deutschland und die unmittelbare Nachkriegszeit aus der Perspektive von Keith Lowe, dann war die Hoffnung noch fern. Zuerst ruft er die ungeheuren Zerstörungen des Krieges in Erinnerung, Hunger Vertreibung und Moralische Zerstörung lauten seine seine Kapitelüberschriften. Ein Kapitel hat er „Hoffnung“ genannt, in dem er den „überschäumenden Tatendrang und den Idealismus“ nennt, der die Nachkriegsjahre auf allen Ebenen der Gesellschaft, besonders in Kunst, Musik und Literatur prägt: Es kommt auf die Perspektive an, die man einnimmt, um beurteilen, ob ein Satz wie dieser „All das wäre unmöglich gewesen, wäre die Bevölkerung Europas vollkommen demoralisiert, erschöpft und korrupt gewesen. Niedergeschlagenheit und Hoffnung hielten sich in der Nachkriegszeit die Waage.“ (S. 86) Je nach Standort überwog vielleicht doch die Hoffnung. Vertreibung, Chaos, weitere lokale Auseinandersetzungen, Abrechnungen bis zu Bürgerkriegen, der Beginn des Kalten Krieges prägten die fünf Jahre nach 1945. Aber es gab auch das > Comité pour l’échange avec l’Allemagne nouvelle, zu dem auch >Alfred Grosser (90) gehörte. Schon damals wurden die Grundlagen für eine Wiederannäherung von Frankreich und Deutschland gelegt.

Lowe hat eine andere Perspektive, die auch ihre Berechtigung hat. Das „Erbe des Krieges“, „Rache“, „Ethnische Säuberung“ und „Bürgerkrieg“ bestimmen seine Darstellung und zeichnen ein Europa, das sich nur mit allergrößter Mühe aus den Zerstörungen und den Trümmern des Krieges befreien kann. Der 8. Mai 1945 war nur die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. In Frankreich War Paris im August 1944 befreit worden, dort war der Krieg im Herbst 1944 beendet. In Osteuropa wurden die Kampfhandlungen noch weitergeführt, in der Ukraine und im Baltikum wehrten sich Partisanen noch bis in die fünfziger Jahre gegen sowjetische Truppen (Vgl. S. 13)

Lowe meint, die Geschichte Europas „Abstieg in die Anarchie“ (S. 15) sei nie richtig erzählt worden, die Geschichte des Wiederaufbaus, die in Deutschland so gar in das Wirtschaftswunder nach den Nachkriegsjahren überging, wird von ihm relativiert. Um so mehr Respekt verdient der Wiederaufbau, bedenkt man das grenzenlose Chaos und das Leid der Zivilbevölkerung durch Flucht und Vertreibung. Rund ein Fünftel des deutschen Wohnraums (vgl. S. 25) war vernichtet worden. Der Holocaust kostete 5750000 Juden (vgl. S. 37) das Leben: „Der Krieg ließ Europa nicht trauernd, sondern verstört zurück.“ (S. 47)

Der „Rache“ widmet Lowe den zweiten Teil seines Buches, das mit dem Eindringen der Russen in Nemmersdorf im Oktober 1944 beginnt, wo die Russen die Zivilbevölkerung töteten. Die Entdeckung und Befreiung der Konzentrationslager offenbarte der Welt das ganze Grauen und die Niedertracht, mit der, das die Nazis den Völkermord an den Juden begangen hatten: S. 107-126. Lowe fügt hinzu das das Los der Zwangsarbeiter und der Kriegsgefangenen in den deutschen Lagern: S. 127-145. Die deutschen Minderheiten in den osteuropäischen Staaten waren der entfesselten Rache ausgesetzte: S. 163-187.

Die „ethnischen Säuberungen“ umfassen vor allem die Vertreibungen der Deutschen aus Osteuropa (S. 287-308) und das Leid der wenigen Juden die zurückkehrten und oft auch antisemitische Feindseligkeit trafen: Die Flucht der Juden: S. 240-265.

Der erfolgreiche Wiederaufbau im Westen und die Unterjochung des Ostens, der zum Kalten Krieg führte, würde von Gewlt in Frankreich, Italien, Griechenland und den osteuropäischen Staaten begleitet, die mit Gewalt in den Einflussbereich der Sowjetunion gezwungen wurden.

Lowe ist es gelungen, die Fakten, nicht nur die Zahlen und die Statistiken, sondern auch die Zersetzung jeder Moral und das unglaublich Leid der Zivilbevölkerung, die Schrecken des Holocaust und das Inferno der Gewalt, die im Mai 1945 keineswegs zu Ende war, systematisch in einen Zusammenhang mit den ganz unterschiedlichen Ereignissen in den europäischen Staaten zu stellen, die alle das Kriegsende auf ihre eigene Weise erlebten. Die Verwerfungen des Kalten Krieges, die unterschiedlichen Rezeptionen des Kriegsendes, Flucht unlowe-wilde-kontinentd Vertreibung vor dem Hintergrund der ungeheuerlichen Verbrechen der Nazis führten zu neuen Grenzen auf der europäischen Karte zwischen 1945 und 1950.

Keith Lowe,
> Der wilde Kontinent. Europa in den Jahren der Anarchie 1943–1950
Aus dem Englischen von Stephan Gebauer und Thorsten Schmidt (Orig.: Savage Continent)
3. Aufl. 2014, 526 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, Tafelteil mit zahlreichen s/w-Abbildungen,
ISBN: 978-3-608-94858-5

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