AUfgeschlagen: Ulrike Ackermann – Eros der Freiheit

Ulrike AckermanntMit jedem neuen Paket wird der Bücherstapel immer höher. Eben kam > Eros der Freiheit von Ulrike Ackermann an. Der Klappentext erwähnt die Zäsur von 1989, die die Grenzen des „real existierenden Sozialismus“ und die des „prosperierenden Wohlfahrtsstaats in Europa“ aufzeigte. Statt zu diesem Zeitpunkt die Chance zu ergreifen, den Sozialstaats zu modernisieren und als „Aufbruch in die Freiheit“ zu nutzen, „überwiegt bis heute die Angst vor Veränderung, Innovation und Flexibilisierung.“ Und – so der Klappentext – Ulrike Ackermann stellt die Frage, „Trifft es zu, daß in Deutschland die Liebe zur Freiheit und der Bürgersinn nie sehr ausgeprägt waren?“ Hat man bisher Freiheit nur über den Sozial- und Wohlfahrtsstaat definiert?

Weil Sie hier auf einem Blog sind, darf ich an meinen > Vortrag auf dem Stuttgarter Barcamp vom letzten Wochenende erinnern, bei dem es um die französische Blogosphäre und insbesondere um die rund 2000 Blogs ging, auf denen während der Präsidentschaftswahl 2007 disktutiert wurde und auch heute noch diskutiert wird: > www.blogpole.fr. Diese Seite gibt es auch für die USA, > www.presidentialwatch08.com, auf der rund 380 analysiert werden. In Deutschland gibt es auch > einige wenige Blogs von Politikern aber bei weitem nicht in dem gleichen Umfang. Ob diese Beobachtung ein Hinweis darauf ist, daß bei uns „Fantasie und Kreativität“, die Ulrike Ackermann als Voraussetzung für die Freiheit ansieht z. B. im politischen Bereich Nachholbedarf haben? Blogs, auf denen ein Politiker seein Arbeit dokumentiert und so für Kommentare seiner Leser öffnet, sind bei uns noch echte Seltenheit. Rund 50 > Abgeordnete der Nationalversammlung in Paris bloggen, bei uns sind es nur einige sehr wenige.- Genug. Ich bin gespannt. Jetzt lese ich das Buch.

Das Motto des Prologs lautet „Denn was ist Freiheit? Die Möglichkeit zu leben, wie du willst.“ Meint sie tatsächlich eine so absolute Freiheit? Diese Aussage stammt von Cicero: > Paradoxa Stoicorum 5, 1, 34. (46. Chr.), ein Werk, in dem Cicero einige ethische Grundsätze der Stoiker untersucht. Paradox nennt Cicero diese Überlegungen, weil sie eben nicht als Allgemeingut akzeptiert sind. Das fünfte Paradoxon trägt die Überschrift „Der Weise allein ist frei, und jeder Thor ist ein Sklave.“ In dem von Ulrike Ackermann zitierten Abschnitt heißt es weiter: „34. Denn was ist Freiheit? Die Macht so zu leben, wie man will. Wer lebt nun so, wie er will, außer demjenigen, welcher zu jeder Zeit dem Sittlichrechten folgt? welcher seine Pflichten freudig erfüllt, welcher sich einen wohl überlegten und bedachten Lebenswandel gesetzt hat, welcher den Gesetzen zwar nicht aus Furcht gehorcht, aber sie befolgt und ehrt, weil er dieß für das Heilsamste erkennt, welcher Nichts sagt, Nichts thut, Nichts endlich denkt als gern und frei, dessen sämmtliche Entschließungen und sämmtliche Handlungen aus ihm selbst hervorgehen und auf ihn selbst wieder zurückgehen, und bei welchem Nichts mehr gilt, als sein eigener Wille und sein eigenes Urtheil, welchem sogar die Schicksalsgöttin, der man doch die größte Gewalt zuertheilt, weichen muß?…“

Also meint das Motto möglicherweise nicht eine absolute Freiheit, so wie Stirner sie 1842 „Ich bab mein Sach auf Nichts gestellt,“ in der „Einzige und sein Eigentum andeutete? – „Warum ist die Freiheit in unserem Land so unbeliebt und liberales Denken so schwach verankert,“ mit dieser Generalkritik beginnt der Prolog. dann setzt sie Freiheitsmündigkeit mit Paternalismus gleich. Der Bürger als Tugendwächter möchte von der Wiege zur Bahre versorgt werden. Und sie fragt ob unsere Zivilisationsgeschichte noch ein Erfolgmodell ist. – > Bald mehr.

Vgl. David Hesse, > Unschärfen der Freiheit, NZZ Folio 12/06 – Thema: Freiheit

> Ackermann, Ulrike
> Eros der Freiheit. Für eine radikale Aufklärung
1. Aufl. 2008, 168 Seiten
ISBN: 978-3-608-94305-4