Per Leo hat mit > Tränen ohne Trauer. Nach der Erinnerungskultur ein sehr persönliches Buch geschrieben, das uns aber alle angeht.
Ist der Untertitel „Nach der Erinnerungskultur“ erklärungsbedürftig? Hatten wir davon zu viel in den letzten Jahren? > Bibliographie Erinnerungskultur – www.france-blog.info. Ein Ende von ihr will Per Leo kaum ausrufen, aber sie zu Recht neu gewichten.
Geschichte lernen, so würde ich es meinen Schülern erklären, ist auch eine ständige Selbstvergewisserung, wo kommen wir her? Mit welchem Gepäck? Und welche Wege öffnen sich vor uns? Und gleichzeitig bedeutet Geschichte auch, frühere Bewertungen in das Licht neuerer Erkenntnisse zu stellen. Es geht auch um die Bildung des Geschichtsbewusstseins, wozu brauchen wir das? Wie entsteht es? Man kann diese Fragen gut an dem so großen Holocaust-Denkmal in Berlin unweit vom Brandenburger Tor deuten. Hat die Größe etwas mit der Last dieser entsetzlichen Verbrechen zu tun? Wird da gar etwas wie ein „Entlastung“ erkennbar? Hier wird dem millionenfachen Mord an den Juden gedacht. …“ so begann unser > Lesebericht: Per Leo, Tränen ohne Trauer. Nach der Erinnerungskultur
Heute haben wir Per Leo in unserem Homeoffice empfangen, daher die Bildqualität, wäre mit Stativ und wie sonst üblich auf der Messe viel besser:
Per Leo, sie sind mit einer Arbeit über die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland promoviert worden. Ihr Roman „Flut und Boden“ stand auf der Shortliste des Leipziger Buchpreises, Danach haben Sie an dem Leitfaden „Mit Rechten reden“. Unseren aufmerksamen Blog-Lesern sind Sie wohlbekannt, wir haben schon wie Gespräche hier geführt, immer mit dem Aufbau des Stativs… jetzt per Video online. Nun ist bei Klett Cotta ihr Band „Tränen ohne Trauer“ mit dem Untertitel Nach der Erinnerungskultur erschienen. Wenn wir uns das Cover angucken, fällt zuerst das Foto auf, von den Fischstäbchen, die immer so leicht anbrennen. Das Foto stammt von Ruppe Koselleck, Und hat den Titel „Ich kann beim besten Wileln kein Fischstäbchen erkennen.“ Wieso haben Sie oder der Verlag dieses Foto gewählt?
Dann steht da noch der Untertitel: „Nach der Erinnerungskultur“, kann es da nicht ein Mussverständnis geben? Eine Überwindung der Erinnerung an die entsetzlichen Gräueltaten der Nazis, das haben sie doch nicht im Sinn?
Hatten wir zuviel Erinnerungskultur in den letzten Jahren? Auf unserem Blog steht. „Ein Ende von ihr will Per Leo kaum ausrufen, aber sie zu Recht neu gewichten.“ Stimmt das?
Noch ein Zitat von unserem Blog „Geschichte lernen, so würde ich es meinen Schülern erklären, ist auch eine ständige Selbstvergewisserung, wo kommen wir her? Mit welchem Gepäck?“ „Selbstvergewisserung“, das heißt auch „frühere Bewertungen in das Licht neuerer Erkenntnisse zu stellen.“ Geschichte ist immer mit Neubewertungen verbunden?
Nehmen wir zum Beispiel das so große Holocaust-Denkmal in Berlin unweit vom Brandenburger Tor. Hat die Größe etwas mit der Last dieser entsetzlichen Verbrechen zu tun? Wird da gar etwas wie ein „Entlastung“ erkennbar?
Der erste Satz des ersten Kapitels schlägt den Ton dieses Buches an „Vom Nationalsozialismus wird in Deutschland oft maßlos, selten genau gesprochen.“ (S. 11) Also wird doch nicht genug bei uns über die Verbrechen des Dritten Reichs gesprochen?
Per Leo beschäftigt sich ausführlich mit der Beurteilung des Holocaust als singuläres Verbrechen (vgl. S. 36-57), das in seiner abscheulichen Dimension keinen Vergleich mit anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit duldet, will der Redner nicht sofort des Versuchs der Relativierung bezichtigt werden. Da klingt der Historikerstreit , der ist eigentlich nie beendet worden?
Das jüdische Leben in Deutschland heute mit seiner erneuerte Pluralität, zeige, wie Sie schreben, wie weit wir mittlerweile vom Nationalsozialismus entfernt seien, heißt es im Abschnitt „Blind für die Morgenröte“ (vgl. S. 127). Müssen wir heute den Stellenwert der Erinnerungskultur neu definieren?
Leos Fazit: „Das Erbe des Nationalsozialismus verpflichtet Deutschland auf ein ethisches Minimum , dessen Pflege auch zukünftig Staatsaufgabe bleiben sollte.“(S.207). Man könne ihr nur durch „NACHLEBEN“ (Aby Warburg) beikommen. Wie stellen Sie sich dieses Nachleben vor?
Per Leo
Tränen ohne Trauer. Nach der Erinnerungskultur
Klett-Cotta, 1. Aufl. 2021, ca. 232 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98219-0
> Nachgefragt: Per Leo, Flut und Boden – 12. Mai 2014
> Lesebericht: Per Leo, Flut und Boden – 5. März 2014 :
„Per Leo hat eine Familiengeschichte und zugleich eine Betrachtung der Geschichte des 20. Jahrhunderts verfasst. Die Erzählung beginnt mit den Besuchen bei der Großmutter in der Weserstraße 84 in Bremen Vegesack. Und der Beschreibung der alten Familienvilla, Leos Beschreibung der Etagen und der Lage des Hauses geht in seine Erzählungen über, sie werden Bestandteil der Handlung. Fast ist es so, als könne man sich nach der Lektüre in diesem Haus bewegen und dort ihre schon vertrauten Bewohner kennenlernen…“