Nachgefragt: Stefan Bollmann, Der Atem der Welt. Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur

Literarischen Abend „Mittwoch um 19 Uhr“ mit Stefan Bollmann am 14. April 2021 :

> Mittwoch um 19 Uhr: Stefan Bollmann, Der Atem der Welt. Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur

Ziemlich lang aber genauso gut und nicht minder spannend. Ein echter großer Wurf, wie man so schön sagt, ist Stefan Bollmann mit > Der Atem der Welt gelungen. Der Untertitel Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur stellt diese Biographie in ein besonderes Licht, mit dem wir oder der Leser noch einen weiteren Winkel ausleuchten müssen. Wie auf Twitter bereits gesagt, Faust kommt erst auf S. 404 vor, dafür aber dann aber umso ausführlicher im 23. Kapitel. So wird deutlich, der Dichter Goethe ist ohne den Juristen, Geheimen Rat und vor allem ohne den Naturforscher Goethe nicht zu haben. Das ist die eigentliche Botschaft von Stefan Bollmann und sie setzt Faust I/II wirklich in ein ganz neues Licht:“ so begann unser > Lesebericht: Stefan Bollmann, Der Atem der Welt. Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur.

heute vormiattga Stefan Bollmann in unserem Homeoffice und wir haben über sein Buch > Der Atem der Welt gesprochen.

gt; Der Atem der Welt ist ein unfangreiches und nicht minder spannendes Buch. Der Atem der Welt mit dem Untertitel Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur erklärt uns, dass der Dichter und Schriftsteller Goethe ohne den Juristen, Geheimen Rat und vor allem ohne den Naturforscher Goethe nicht zu haben ist. Ist das so richtig?

Sie stellen uns einen ganz anderen Goethe vor, weniger den Autor von Wilhelm Meisters Lehrjahre, des Werther oder des Faust als vielmehr den Naturforscher, den Autor der Farbenlehre, der in den Diensten des Weimarer Regenten Carl-August steht, den er am 11.12.1774 kennenlernt. Goethe selbst glaubte auch, dass seine Arbeiten zur Naturbeobachtung seiner schriftstellerischen Tätigkeiten überlegen gewesen war. Müssen wir unser Goethe-Bild revidieren?

Die Dynamik von Goethes Naturverständnis, das Wissen um die kontinuierliche Veränderung – auch des Menschen wurde für ihn zu einer Art Leitmotiv.

Wie kam er überhaupt zur Naturbeobachtung? Liebeskummer aber auch Begegnungen mit wichtigen Zeitgenossen haben ihn sehr beeinflusst.

Goethe hat im Bergwerk in Ilmenau die Tiefen der Erde geschaut, stand mehrmals auf dem Brocken auch auf den Gipfeln der Alpen, da war es nur zu verständlich, dass er auch einen Roman über das Weltall plante: Kapitel 16 vor dem Hintergrund, dass sich die Naturauffassung von der Religion und der Schaffung der Welt auf einen Schlag hin zur Konzeption einer dynamischen Entwicklung veränderte: vgl. S. 250 und „Die Welt kriegt mit mir nun ein neu ungeheuer Ansehn.“ (S. 270)

1784 entsteht die erste Fassung vom Versuch aus der vergleichenden Knochenlehre daß der Zwischenknochen der obern Kinnlade des Menschen mit den übrigen Tieren gemein sei, die 1820 veröffentlicht wird. Der Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären erscheint 1790 in Gotha, die Abhandlung über den Zwischenkieferknochen wie seine Beträge zur Optik sind weitere Stationen seiner Forschungen. Er lag mit seinen Forschungsergebnissen und Hypothesen nicht immer ganz richtig. Aber es geht um seine Methoden und Grundsätze, warum sollte man da genauer hinschauen?

Zu Goethes Bekanntschaften und Freunden gehörten auch die Humboldt-Brüder, mit denen er einen intensiven Austausch pflegte. Besonders Alexander von Humboldt (1769-1859) bestätigt seine Auffassung dass „wissenschaftliche Rationalität und Einfühlung in die Natur“ (S. 463) zugunsten der Erkenntnis zusammengehören. Beide haben viel voneinander gelernt: der „Konstitutionsprozess“, oder das „Kompensationsprinzips“ (S. 467) sind Stichworte aus diesem Zusammenhang.

Im 31. Kapitel geht es um die Unterschiede zwischen Faust I und Faust II. Magie und bloße Schriftgelehrtheit waren der Möglichkeiten „intutitiver Naturerkenntnis“ (S. 553, auch S. 559) gewichen oder anders ausgedruckt die Studierstube Fausts weicht einem Laboratorium. Kann man Faust I/II erst richtig verstehen, wenn man den Naturforscher Goethe kennengelernt hat?


Stefan Bollmann, geboren 1958, Bestsellerautor einer gegen den Strich gebürsteten Goethe- Biographie sowie weiterer Bücher zur Geschichte des Lesens und der Alternativkulturen, promovierte nach einem Studium der Literatur, Geschichte und Philosophie über Thomas Mann. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt und verkauften sich weltweit annähernd eine halbe Million Mal.


Stefan Bollmann
> Der Atem der Welt
Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur
1. Aufl. 2021, 656 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, mit zahlreichen Abbildungen, Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-96416-5