„Das ist ein Buch das mehr als nur ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert hat: Kristin Kopf ist nicht nur ausgewiesene > Fachfrau für Sprachgeschichte, sondern auch eine sehr erfolgreiche Sprachbloggerin,“ schreibt Heike Baller unter dem Titel > Das kleine Etymologicum von Kristin Kopf auf ihrem Blog > Kölner Leselust.
Auch ohne einen > Krimi von Klett-Cotta, können Sie leicht in Gefahr geraten, beim S- oder U-Bahnfahren die nächste Haltestelle zu verpassen. Packen Sie Kristin Kopfs > Das kleine Etymologicum. Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache ein, und Sie werden merken, wie spannend eine Einführung in die Sprachwissenshaft sein kann. Kopf erzählt einfach nur, aber das macht sie mit einem profunden Sachverstand, und sie kann richtig gut erklären. Ihr > www.sprachlog.de, wo sie zusammen mit Anatol Stefanowitsch und Susanne Flach schreibt, ist dafür der beste Beweis:
„Dieses Buch mäandert,“ (S. 11) das reicht als Gebrauchsanweisung, da sind Assoziationen, (Fluss-)Schleifen des Maiandros und viele Quellrinnsaale einbegriffen, alles Hinweis auf die Wort-Urahnen. Das ist es also, was Kopf hier so bescheiden als > Das kleine Etymologicum vorlegt. Ein Krimi ohne Blut und ohne Gewalt. Die Tat(sach)en in Form von Worten sind da, jetzt geht es darum zu kombinieren, wer war’s, wo kommen die Worte her, statt der Entwicklung zu folgen, schauen wir mal zurück und gucken zu, wie Kopf die Sprachgeschichte aufrollt. Lautwandel, Bedeutungen, Silben, Lautverschiebungen, Entlehnungen, sogar Rückentlehnungen, alles Indizien, mit denen die Biographie von Wörtern ermittelt werden kann. Geschichtskenntnisse und Sprachenkenntnisse sowieso gehören dazu, der Sprachwissenschaftler zählt keines falls nur Silben, er muss kombinieren können, Vermutungen anstellen und in der Lage sein, seine Behauptungen zu veri- oder falsifizieren. Etymologie deckt in einem bestimmten Umfang auch Gesetzmäßigkeiten auf, aber eben nur in einem bestimmten Rahmen, weil eine Wortbiographie unter verschieden starken Einflüssen immer wieder anders verläuft, dennoch Regelmäßigkeiten zu erkennen, das wünscht sich der Sprachwissenschaftler. Kristin Kopf vermittelt also nicht nur die Geschichte der Wörter, die Einführung in die Etymologie, sie zeigt sehr geschickt und lesenswert, wie man auch fachfremde Leser in diese keinesfalls trockene Materie einführt und sie dafür begeistert.
Es geht ganz behutsam mit Lautverschiebungen so vor 1500 Jahren los. Aber erst im Neuhochdeutsch seit etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts klingt unser Deutsch so wie heute. Bis dahin musste ein Menge passieren. Das liegt kein bisschen im Dunkel der Zeiten. Man muss nur genau hingucken und kombinieren. Indogermanisch 5.-1. Jh. v. Chr. + Germanisch 1. Jh. n. Chr. + Westgermanisch 200-500, etc. Dann Mittelhochdeutsch (1050-1350) und Frühneuhochdeutsch (1350-1650). Mit der Etymologie einzelner Wörter, mit ihrer Biographie wird Sprachgeschichte gewebt. Und wie das geht, vermittelt Kristin Kopf präzise und detailliert. Und sie erklärt ihr Handwerkszeug: Beim sprachlichen Zurückrudern muss auf die Abläufe geachtet werden. Ältere Formen dürfen nicht über neuere Formen gestellt werden. Vorsicht vor falschen Rückschlüssen. (S. 25) Die „ursprüngliche Bedeutung“ ist meistens eine Falle, denn eine solche Bedeutung ist nicht so einfach zu haben: denn gilt zwischen Entlehnungen und Vorformen zu differenzieren: „Älter ist nicht wahrer, und sprachliche Ursprünge liegen im Verborgenen: (S. 30).
Bedeutungswandel. Manchmal will man den Sachverhalt nicht direkt ansprechen, andere Wörter werden zur Umschreibung herangezogen, werden Mittäter, die wie in einem richtigen Krimi alles verkomplizieren. Manchmal will man sich besonders heftig ausdrücken, deshalb hat sich furchtbar verändert: wir haben fruchtbar viel zu tun, was manchmal auch wie ein Selbstlob klingt. Metonymien: „seinen Teller aufessen“, macht niemand, soll man aber.
Etymologien, die unbemerkt verlaufen. Nicht jeder Mord wird aufgedeckt. Pater und Vater gehören zusammen, wie plenus und voll. Wir reden heute vom leeren Plenum des Bundestages. Plenum für „Vollversammlung“ reiste im 19. Jh. aus dem Englischen ins Deutsche. (S. 50).
Lautverschiebungen: duo (lt.), two (engl.,) zwei (dt.), alles hängt miteinander zusammen. Zimmer und (engl.) Timber (Holz, Bauteile) sind Komplizen. Aber kein Fall gleicht dem anderen. Zwei, Zwo, bis… 1 bis, rue de… da ist es nicht mehr weit bis zum Biskuit, Sie merken dass der Zwieback schon daneben liegt.
Die beruhigende Nachricht: „Das Deutsche ist nur auf den ersten Blick das lautliche Kuckuckskind im Nest der germanischen Sprachfamilie.“ (S. 68) Wortimporte gibt es zuhauf: S. 69 ff., um sprachliche Lücken zu füllen. Der Pfaffe und der Bankier kamen so ins Deutsche, so wie später Hinterland, Weltanschauung oder Ersatz in Ermangelung eigener Kreationen, ganz einfach französische Wörter wurden.
Eine Rose möchte jede Dame geschenkt bekommen. Rose lässt sich in die iranische Sprache zurückverfolgen. (S. 89 ff.); mit der Farbe Rosa wird es noch komplizierter: S. 93-98.
Al-Artikel: à la mode, und bei der morgendlichen Marmelade musste ich wieder unwillkürlich daran denken, wie Kristin Kopf das Einsickern dieses Wortes aus dem Portugiesischen über das Französische ins Deutsche erklärt: S. 104 f. Detektivarbeit.
Verstärkende Wörter oder Wortteile: Mordsspaß oder wahnsinnig vernünftig ist nicht weit weg von schrecklich lieb: S. 110-118.
Und dann kommen wir zu den Umlauten, genutzt von der Flexion und der Wortbildung, auch die Diminutive nutzen sie. Hier lernen wir einiges über den Lautwandelprozess, S. 144-166, die Länge dieses Abschnitts lässt schon sein Gewicht in etymologischer Hinsicht ahnen.
Die Ableitungssilben wie -lich, -bar fehlen noch, S. 171 ff., die Rückentlehnungen , S. 176, ff., und dann folgt noch ein großer Abschnitt zur Verwandtschaftskunde: Tante, Base, Cousine und & Co. S. 195 ff.
Ausführliche Anmerkungen und ein Quellenverzeichnis ergänzen diese Sprachreise.
Kristin Kopf,
Das kleine Etymologicum. Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Sprache
1. Aufl. 2014, 284 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-91341-5