Lesebericht: Marc Hofmann, Der Klassenfeind

hofmann-klassenfeind> Marc Hofmann ist Lehrer und Tropen hat gerade seinen Roman > Der Klassenfeind veröffentlicht.

Harry Milford unterrichtet Deutsch und Englisch. Manchmal träumt er vom Angeln. Das geht ganz einfach. Er schließt für einen Moment die Augen. Dann sitzt er am seinem geliebten See und guckt der Angel zu. Wenn er die Augen wieder aufmacht, ist sie wieder da, seine laute Klasse, die Achter, der er auf irgendeine Weise etwas beibringen will. Sein Alltag ist ein ewiger Kampf gegen den Unwillen der Schüler, die Hektik der Kollegen, den Krach in der ganzen Schule, die ständige Vereinnahmung von allen Seiten. Ein freien Kopf für das, was unterrichtet werden soll, dafür gibt es keinen Platz. Und dann taucht auch schon Mareike Selig auf. Die Referendarin. Fleißig, bedacht auf gute Noten, zuerst noch eher zurückhaltend. Schnell macht sie ihm hübsche Augen. Milford ist verwirrt.

>> Hörprobe. Gesprochen vom Autor (20 MB)

Milford ist nicht gerade zimperlich mit seinen Schülern. Lukas ist für ihn eine „Flitzpiepe“, und das so nennt er ihn auch. Faller ist auch so ein Fall, Milford würde am liebsten dessen Eltern auch Schmerzensgeld verklagen, weil er ihn unterrichten muss. Faller hört darüber hinweg. „Schnauze,“ ist kein so rechtes Motivierungswort aus Lehrermund.

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Zu Hause hören die Probleme nicht auf. Lisa pubertiert intensiv. Sohn Tim fand das Gymnasium zu „stressig“. Milford guckt in sein Zimmer und schlägt vor, der Junge solle mal aufräumen. Zu Hause gibt es die gleichen Probleme wie in der Schule.

Die „Inklusion des Irrsinns“ lautet die Überschrift, in der Milford alle Probleme gleichzeitig auftischt: ADS, ADHS, die Hochbegabten, die nicht geputzte Tafel, Krach in den ersten 5-10 Minuten, bevor man sein eigenes Wort versteht, Hausaufgaben, die nicht gemacht sind, „reden wir über die Klassenfahrt?, versucht ein Schüler, vom Unterricht abzulenken, „Poneder, schweig,“ herrscht Milford ihn an, dann folgt die Hörverstehensübung, der kaputte CD-Player, Ärger für den Lehrer, Gaudi für die Schüler… dann wird geklopft, der Neue steht da, Aspergerpatient, welche Englischstunde fing bei uns damals im …-Gymnasium kaum anders an?

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Frau Selig darf bei ihm hospitieren. S. 80-88. Milford will ihr mal zeigen, was er drauf hat. Aber die Schüler der Sechsten haben auch einiges drauf. Hausaufgaben? Kaninchen ist gestorben, etc. die üblichen immer neuen Ausreden, die jeder Lehrer zur Genüge kennt. Irgendwann ist Milford am Ende, er braucht eine Auszeit, ruft, Ihr habt Pause und die Schüler haben ihre Chance und marschieren raus.

Milford ist vielleicht berufsgeschädigt, jedenfalls begeht er manchmal kleine Bosheiten, um sich zu schützen? Um das alles zu überstehen? Wenn ihm was kaputtgeht, lässt er schon mal andere dafür geradestehen. Den Abistreich übersteht er nur ohnmächtig auf der Bühne.

Dann kommt die Klassenfahrt mit den Achtern. und Frau Selig. Die Kinder machen Erlebnispädagogik und drinnen darf Herr Milford jetzt Mareike zu seiner Referendarin sagen, aber das findet ihr Freund nicht so gut.

Übertrieben? Nur ein bisschen. Eher konzentrierte Erlebnisse aus einigen Klassen, wie sie sich jeden Morgen abspielen. Ist das Buch ein Befreiuungsschlag, ein Versuch, diesem Irrsinn entkommen oder gibt es da nicht doch eine Art Lust, dieses Chaos täglich aufs Neue zu bewältigen mit Strategien,hofmann-klassenfeinddie das eigene Überleben ermöglichen und dann nicht nur nebenbei den Schülern doch noch etwas mitzugeben, woran sie sich einst erinnern werden?

Marc Hofmann > www.marchofman.de/der-klassenfeind-das-programm/
> Der Klassenfeind
Roman
1. Aufl. 2015, 251 Seiten, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-608-50149-0