Lesebericht: Robin Lane Fox, Der englische Gärtner Leben und Arbeiten im Garten

Der langjährige Gartenkolumnist der Financial Times  Robert Lane Fox lässt Sie hier teilhaben an seinem einzigartigen Wissen um bekannte und unbekannte Pflanzen. Er entführt sie in berühmte Gärten und berichtet Ihnen von der erfüllenden Tätigkeit des Gärtners.

Im Vorwort berichtet Robert Fox, wie er die Leidenschaften des Gärtners entdeckt hat. Als Undergraduate-Student in Oxford musste er sich mit dem Spazierengehen im Addison’s Walk begnügen. Über 2000 Artikel über Gärten? Das  hat er sich damals noch nicht träumen lassen. Und er erinnert an die beiden so unterschiedlichen Gärten, für die er verantwortlich ist: der Garten um sein College in Oxford herum – für neuen weitere Gärten – und der knapp einen Hektar großen Garten (S. 17) zu Hause in der kargen Erde der Cotswolds.

„Gärtnern hat viel mit Denken zu tun…“, (S. 17) heißt es im ersten Satz der Einleitenden Bemerkungen. Und Fox erinnert sich an Ludwig Wittgenstein, der in Cambridge 1929 in einem Vortrag gesagt hatte, dass er „über die Existenz der Welt staune“ und dass man Denken von der Tätigkeit nicht trennen könne, (S. 18 f.). Zweimal war Wittgenstein als Gärtner tätig gewesen: u .a. in den Gärten des Stifts Klosterneuburg um 1920.

Die Auswahl der Beiträge für dieses Buch sind nach Jahreszeiten angeordnet. Soviel ist sicher, dieses Buch macht süchtig. Sie werden es zuerst im Buchladen einmal durchblättern, es vielleicht als recht umfangreich empfinden, dann werden Sie ein oder zwei Beiträge überfliegen, dann genauer lesen und schon in den ersten Beiträgen die Leidenschaft des Gärtnerns entdecken, bei der weiteren Lektüre passiert es dann, das Virus haben Sie eingefangen. Ab jetzt gehen sie mit anderen Augen an jedem Garten vorbei und durch. Sie werden neue ungeahnte Schönheiten entdecken, und bald regt sich das Virus in ihnen, dieses Gartenvirus. Das und jedes könnte man besser machen… Zu Hause gehen sie in ihren Garten, dem sie von jetzt an mit viel mehr Respekt begegnen werden. Nicht nur mal eben Rasen mähen, oder hier und da mal gießen, nein die Blumen bekommen eine neue Aufmerksamkeit von ihnen. Mit ihren Namen finden sie heraus, welche Kostbarkeiten bei Ihnen schon heimisch sind und jetzt geht es – der Gartenvirus treibt sie an – um Erweiterungen.

Es geht mit dem Winter los: „Eine willkommene Jahreszeit für besonnene Gärtner“. Man hilft der Natur beim Aufräumen und der Vorbereitung auf wärmere Tage, fügt unsere Redaktion hinzu. Man nimmt sich „Gute Vorsätze zum neuen Jahr“ (S. 35 ff) vor. Dieser Beitrag bereitet das Virus vor und die Neulektüre lässt ihn virulent werden. Der Klimawandel wird auch vor Ihrem Garten nicht haltmachen: Tresco on Teeside. Wenn ich jetzt ausführlich und bewundernd auf die historischen Gartenkenntnisse von Fox eingehen würde,  klingelt gleich mein Telefon: auch dieser Beitrag sollte nicht zu lange werden.

Dann folgen die Erinnerungen an seine Gartenarbeit als Praktikant im „grandiosen“ Alpengarten des Münchner Botanischen Gartens: S. 50 ff. Und Fox berichtet auch von anderen Gartenautoren: Nancy Lancaster  von der in Haseley Cort so viel gelernt hat. Wissen Sie was die Sarcococca (Fleischbeere) zum Gedeihen braucht? Haben Sie Geduld? Sieben Jahre bis die Blüten kommen. Einen Garten anlegen, das ist so etwas wie Gartenarchitektur: S. 79 ff.

Man muss überhaupt nicht auf der eigenen Scholle bleiben: Reiseführer für ein Jahr, S. 75 ff. Los geht es in den subtropischen Gärten von Abbotsbury, danach u. a. zu Eric Young Foundation auf Jersey, dann zu den Gärten von Caerhays in der Nähe von St. Austell. Im April nach Sissinghurst Castle in Kent. Im Mai geht es zum Botanischen Garten nach München. Wenn Sie die Ratschläge alle beherzigen, werden Sie das ganze Jahr unterwegs sein und reichhaltige Ideen für Ihren eigenen Garten sammeln.

Feinde im Garten: Die Hyänen-Hypothese, S. 82 ff. Nicht nur Blumen ziehen und bewundern auch Blumen kaufen: Auf holländischem Handelsparkett, S: 87 ff. Und Fox ist auch schon mal durch einen Garten galoppiert: Als englischer Gärtner in der Reiterei Alexanders des Großen, S. 93 ff.

Christopher Lloyd (1921-2006), (S. 100-109) hatte einen Garten bei Great Dexter in Sussex war in gewisser Weise Fox‘ Gartenlehrer, ein wandelndes Gartenlexikon, einer der das Auge eines „praxisgestählten Naturforschers“ hatte.

Waren Sie schon mal im Jardin Majorelle? (S. 110 ff.) Gehen Sie achtlos an Schneeglöckchen vorbei? In Zukunft nicht mehr: S: 120 ff? Haben Sie schon mal Frühe Kirschblüten bewusst wahrgenommen?

Wie bitte? Eichhörnchen essen? S. 138, lesen wir schnell weiter.

Im Frühling geht es vor allem um die Magnolien S. 145 ff. und spezielle Frühlingssträucher, S. 157 ff.. Kennen Sie die japanische Zierquitte? S. 16 11f., Rhodendren, S. 178 ff.

Valerie Finnis (1924-2006) gehört zu den Gärtnerpersönlichkeiten, die Fox besonders verehrt (S. 205-2011). – Das kenne ich noch von meiner Mutter, oft bekam sie irgendwo einen Ableger geschenkt. Ich habe mich damals immer gewundert, warum bekommt sie nicht den ganzen Blumentopf, ein Stück davon und sie war schon zufrieden? Ableger ziehen (S. 212 ff.). Dann Die Aussaat zweijähriger Pflanzen„. (S. 217 ff.) und Vom Kasten ins Beet (S. 225 ff.)

Der himmliche Hermannshof in Weinsheim (S. 241-245) oberhalb von Heidelberg ist eine Reise wert. Wenn Sie dieses Kapitel gelesen haben, hält Sie nichts mehr.

Sie merken schon, wir würden hier gerne jedes Kapitel als Highlight präsentieren. Beschränken wir uns auf zwei im Sommer: Auch im Garten ist wie auf einem Blog nicht genug Platz also wählen wir aus: Sechs der Besten, S. 258 ff., sie ahnen es, es geht um Rosen. Altmodische Blütenformen und großzügiges Staudenwachstum kennzeichnen noch immer Fox‘ Favoriten aus.

Waren Sie schon in Herterton House in Northumberland nicht weit weg von Cambo?

Robuster Rittersporn (S. 282-286) darf in Ihrem Garten eigentlich nicht fehlen. Qualität hat ihren Preis. Und dieser Beitrag ist ein perfektes Beispiel für Fox‘ Kolumnen, eine Mischung aus Lexikon, Kulturgeschichte Ratgeber und Gärtnerpassion. Nach der Lektüre dieses Beitrags werden sie nie wieder an einer solchen Pflanze vorbeigehen, ohne ihre Begleiter darüber  aufzuklären, was dieser Blume guttut, ob sie hier gut gepflegt wird und gleich noch viel Wissenswertes über sie zu erzählen.

Herbst: Westbury Gardens auf Long Island wird Ihr Ziel werden. Oder der Botanische Garten in Palermo auf Sizilien.

Robin Lane Fox
> Der englische Gärtner
Leben und Arbeiten im Garten
Aus dem Englischen von Susanne Held (Orig.: Thoughtful Gardening. Great Plants, Great Gardens, Great Gardeners)
4. Druckaufl. 2018, 457 Seiten, gebunden, Leinen, Lesebändchen, Fadenheftung, mit farbigen Illustrationen und Fotos, durchgängig vierfarbig gedruckt
ISBN: 978-3-608-96220-8