Lesebericht: Stefano Mancuso, Die unglaubliche Reise der Pflanzen

Sie lesen gerne Krimis? Also spannende Bücher? Am besten solche, die einen in die Lektüre reinziehen und erst loslassen, wenn der hintere Buchdeckel erreicht ist? Ja? Dann hätten wir da eins für Sie: Stefano Mancuso, Professor für Pflanzenkunde in Florenz > Die unglaubliche Reise der Pflanzen, > PNat, Florenz-  wunderbar übersetzt von Andreas Thomsen mit Aquarellen von Grisha Fischer.

Sie glauben alles über Pflanzen zu wissen? Nun denn, nach der Lektüre dieses Buches kommen Sie diesem Wissen ein wenig näher. Stefano Mancuso wird Sie in das Reich der Pflanzen entführen: „Niemand beachtet sie gebührend, sie werden kaum erforscht und wir wissen noch nicht einmal annähernd, wie viele es überhaupt gibt, wie sie funktionieren oder welche Eigenschaften sie besitzen.“ (S. 9) Und sie bewegen sich! Sogar sehr viel und sie können sich mit einer Hartnäckigkeit an ihre Umgebung anpassen, so dass wir nur noch staunen können.

Zum Staunen: > Here are our works

Nichts erlaubt, Pflanzen mit Tieren zu vergleichen, während bei denen die Fortpflanzung eine ziemlich lokale Angelegenheit ist, haben viele Pflanzen in ihren Samen die Globalisierung eingebaut und die erstaunlichsten Mechanismen zu ihrem Transport weltweit entwickelt, wie die Pioniere von Surtsey (DER SPIEGEL, 9.7.2004). Eine neue Insel entsteht und nach kurzer Zeit sind ihre ersten Bewohner dort schon angekommen: Cakile arctica = Meersenf, Und dann die „Kämpfer von Tschernobyl“, wo die Pflanzen das verstrahlte Gebiet in Windeseile übernommen haben. Und dann geht es nach Hiroshima, von wo Mancuso die Geschichte des Hibaku jumoku, des „Heimkehrers“ berichtet: S. 25-33.

Pflanzen sind Flüchtlinge und Eroberer. Mancuso erzählt Einzelschicksale von Pflanzen, denen es immer wieder gelingt auszubrechen und sich woanders anzusiedeln. Aber wie machen die das? Noch sind wir weit entfernt davon, alle diese Rätsel gelöst zu haben. Mancuso berichtet über Theorien und erzählt vom den Wanderweg der Kokosnuss und erklärt uns so, wie Botaniker arbeiten und forschen. Und dann gibt es Pflanzen wie die Kallipygos-Palme (Lodicea callipyge), deren Samen mit 17 kg, nicht weit von ihr auf den Boden fallen. Mit viel Bewegung ist da nichts drin. (S. 70 ff.)

Es kommt noch besser: Pflanzen reisen nicht nur von Ort zu Land, sogar von Kontinent, sondern auch durch die Zeit, auch das unterscheidet sie grundlegend von den Tieren: S. 78 ff. Als Beweis gelten dafür Jan Teerlinks Samen, die er am Anfang des 19. Jahrhunderts wie sich das gehört in kleinen Tütchen sammelte und beschriftete, nach 200 Jahren wurden sie zum Keimen gebracht oder die Palme von Masada, deren Samen nach 2000 Jahren noch keimten.

Und dann die Einsiedler, die alleine auf sich gestellt irgendwo in der Ferne überleben, wie die Fichte von Campbell Island (S. 101 ff.). eine ganze Botanikunterrichtsreihe kann Mancuso mit diesem Kapitel verbinden. Und dann gibt es noch „Anachronisten“, die ganz unterschiedliche Methoden für die Verbreitung ihrer Samen wählen: dazu gehört die Avocado, der Versuch, sie ohne Kern zu züchten, zeugt nur von wenig Respekt der Flora gegenüber. Trotz aller Unvergleichbarkeit gibt es natürlich Zusammenhänge zwischen der Tier- und Pflanzenwelt: „Der Dodo und der Dodobaum“ (S. 135 ff). Beide sind aufeinander angewiesen und der Mensch sollte sich eigentlich hüten, dieses Gleichgewicht zu stören.

Nach der Lektüre dieses Buches wird ihr nächster Weg in einen Botanischen Garten sein: > Tübingen, > die Hohenheimer Gärten oder in die > Giardini di Boboli in Florenz. nach der Lektüre dieses Buches gibt es keinen Test, aber fragen Sie sich doch, welche Pflanzen – vielleicht aus der Kokospalme – waren ihnen vorher wirklich geläufig? Nebenbei erklärt Mancuos auf so einleuchtende Weise die Zusammenhänge zwischen Flora und Fauna.

Gucken sie hier:

> The International Laboratory for Plant Neurobiology: > About us: „The International Laboratory for Plant Neurobiology was founded in 2005 thanks to the generous funding of Ente Cassa di Risparmio di Firenze. LINV is part of the University of Florence and located in the scientific campus of Sesto Fiorentino, Firenze. ..“ – > People – > Projecst end Research

Noch mehr:

> “The Florence Experiment” at Palazzo Strozzi, Carsten Höller in Florence

Laura Traldin, > In Florence, a botanic design project turns indoor plants into air purifiers:
The spin-off of the University of Florence PNat – a group of botanists, designers and architects directed by Stefano Mancuso – created an indoor greenhouse at Manifattura Tabacchi in Florence that purifies and cools the air (and produced the data to prove that it works). …

> Stefano Mancuso, Mit Pflanzen durch Raum und Zeit
Pflanzen machen den Blauen Planeten zur grünen Insel im Weltall. Obwohl sie eigentlich festgewachsen sind, reisen sie doch überall hin, über Kontinente und Ozeane, sogar durch die Zeit. Stefano Mancuso, einer der führenden Pflanzenforscher und Bestsellerautor, verbeugt sich in seinem neuen Buch „Die unglaubliche Reise der Pflanzen“ vor diesen erstaunlichen Erdenbewohnern. Lesung und Gespräch mit Antonio Pellegrino/Kirsten Böttcher; in: Bayern 2 10.6.29020


Stefano Mancuso
> Die unglaubliche Reise der Pflanzen
Aus dem Italienischen von Andreas Thomsen (Orig.: L‘incredibile viaggio delle piante). Mit Aquarellen von Grisha Fisher.
2. Druckaufl. 2020, 154 Seiten, gebunden, Halbleinen, komplett vierfarbig illustriert, Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-98192-6