Das Internet hat gewisse Ähnlichkeiten mit dem Ferrnsehen. Beide elektronische Veranstaltungen braucht man zum Lesen eigentlich überhaupt nicht. Sie lenken nur ab,und wenn ein Autor einen Internet-Anschluss auf seinem PC hat, der ihm auch als Schreibknecht dient, ist die Versuchung riesengroß, eben mal ins Netz zu gucken, die E-Mails zu checken und dabei zu merken, dass Peter oder Mareike wieder was in Facebook geschrieben haben. Wieder sind 10 Minuten weg. Ach, vielleicht geschwind noch was in Google nachgucken. Und wieder merkt unser Autor nur in seinem fernem Unterbewußtsein, dass die Google-Such-Ergebnisse mit seinem Suchwunsch überhaupt nichts zu tun haben, aber die Ergebnisse trotzdem irgendwie interessant sind. Das Anklicken beginnt, die Surf-Session ist eröffnet, die Uhr tickt, derweil das neue Buch wieder mal in einen Dornröschenschlaf versinkt, bis der Autor sich daran erinnert, dass er ja gar nicht surfen will. „Nützt Ihnen das Internet beim Schreiben?“ kann man ihn fragen, o ja!, wird er antworten.
Aber bei der nächsten Frage: „Werden Sie mit dem Internet schneller fertig?“ zögert mancher schon. Und die Frage „Wird ein Buch mit dem Internet besser?“ können wir einfach schon mal verneinen. Ein Student, der sich in der Literaturwissenschaft auf die Auskünfte im Internet beschränkt, ist hoffnungslos verloren. Das Fernsehen könnte mehr Leser an sich ziehen, wenn es mehr Raum der Präsentation von Büchern widmen würde und Buchvorstellungen sich nicht auf die Starpflege und die Produktion und die Geburtshilfe von Bestsellern beschränken würden. Verführen E-Books zu mehr Lesen? Auch die ausgefeilteste Technik wird das Lesepensum selbst von Power-Lesern nicht steigern können. Aber alle Art von Apps, die das Buch zum Multimedia-Event machen unter Einbeziehung aller möglichen Hyperlinks in alle Richtungen können eigentlich nur, wie das Fernsehen es schon immer macht, vom Inhalt des Buches ablenken und dazubeitragen die Konzentration auf den Buchinhalt nachhaltig zu beschädigen. Die Digitialisierung ist keine Gedächtnishilfe und nimmt uns jede Konzentration. Das ist so, und da halte ich es mit Günther Anders, dessen Fernsehkritik wunderbar auch aufs Internet passt: Die Antiquiertheit des Menschen Bd. I: Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution (Beck`sche Reihe: bsr;319, 2. Auflage 2002. C.H.Beck ISBN 978-3-406-47644-0 – 3. Auflage 978-3-406-60171-2 ist in Vorbereitung.) (Vgl. auch auf diesem Blog: > Die Intellektuellen und das Netz).
Das IPad mag keinen Flash, dafür gibt es die > Leseprobe als PDF-File auf > www.ohne-netz.de.
Alex Rühle sieht das alles ganz ähnlich, und eines Tages beim täglichen Surfen, fragte er sich, was da eigentlich mit ihm passiert? Das war der Tag, an dem er sich dazu entschloss, das Internet aufzugeben, wenigstens für sechs Monate. Das war eine persönliche Befreiung. Nicht die seiner Mitmenschen, weil die nicht mehr mit ihm kommunizieren konnten. Vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 war > Alex Rühle offline. Auf dem Stand von Klett-Cotta bei der Frankfurter Buchmesse habe ich ihn nach den Erfahrungen seines Entzugs befragt:
14 Minuten
> Alex Rühle
> Ohne Netz. Mein halbes Jahr offline
Auflage: 1. Aufl. 2010 – 220 Seiten – ISBN: 978-3-608-94617-8