Nachgefragt: Jonathan Aldred, Der korrumpierte Mensch. Die ethischen Folgen wirtschaftlichen Denken

Gerade ist bei Klett-Cotta der Band von Jonathan Aldred > Der korrumpierte Mensch. Die ethischen Folgen wirtschaftlichen Denkens in der Übersetzung von Karsten Petersen erschienen. Der > Lesebericht: Jonathan Aldred, Der korrumpierte Mensch steht hier schon auf unserem Blog. Wie in unserer Redaktion üblich, versuchen, wir nach dem Lesebericht den Autor zu treffen und mit ihm über sein Buch zu sprechen. In Coronazeiten mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten ist das etwas einfacher als in normalen Zeiten. Heute war Jonathan Aldred bei uns zu Gast im Hoemoffice und wir haben ihn nach seinen grundsätzlichen An- und Einsichten in seinem Buch gefragt:

Wenn die Menschen sich immer so rational verhalten würden, wie es vielen Ökonomen gerade recht ist, hätte Jonathan Aldred diese Buch nicht schreiben müssen.

Die Leser seines Buch könnten den Eindruck gewinnen, dass oft so intellektuell anspruchsvoll Ideen von Ökonomen zum Scheitern verurteilt sind, weil sie mit der realen Welt nicht übereinstimmen? „… die Ökonomik der realen Welt ist keine Wissenschaft.“ (S. 224)

Der Band von Jonathan Aldred beginnt mit einem Paukenschlag: „Im Lauf der vergangenen etwa 150 Jahre haben ’neue Ideen‘, wie wir uns verhalten sollten, unser Denken korrumpiert.“ Könnte mehr Moral diese Korruption stoppen? Gibt es überhaupt Moral in der Politik?

An mehreren Beispielen umfassender ökonomischer Theorien erläutert Aldred diese pessimistische Sichtweise. Die Spieltheorie (S. 35, bsd. S. 64-72 und S. 111-152) die u.a. von John von Neuman (1903-1957) und von John Nash (1928-2015) entwickelt wurde. Das Kapitel über die Spieltheorie endet mit einem Fiasko, denn nur wenn die Gegner sich bitteschön auch an das Nash-Gleichgewicht halten, funktioniert es (vgl. S. 70). War die Spieltheorie ganz vergebens?

Jetzt kommen die Trittbrettfahrer dran, die im Grunde genau wissen, dass sie eigentlich unmoralisch handeln … Ein schönes Beispiel, wie die Welt der Theorie angepasst wird. Der Einzelne kann ja doch keinen Beitrag leisten. (S. 176 f) Eine verbreitete Ansicht, man darf fragen, stimmt das überhaupt?

Wir haben Jonathtn Aldred auch um eine Erläuterung der seltsamen Welt von Nudge“ (> Nudge – Wikipedia) und das Entstehen der Verhaltensökonomik gebeten.

Im letzten Teil beschäftigt Aldred sich mit den Ursachen von Ungleichheit, die nicht unbedingt wie ein Menetekel existiert, sondern auch auf staatlichen Vorgaben zurückzuführen ist?

„Unsere Beziehung zur Wissenschaftswissenschaft ist eine Hassliebe.“ (S. 375) Gelte das auch für ihn, haben wir den Autor gefragt.

Jonathan Aldred
> Der korrumpierte Mensch
Die ethischen Folgen wirtschaftlichen Denkens
Aus dem Englischen von Karsten Petersen
(Orig.: License to be Bad/How Economics Corrupted us)
1. Aufl. 2020, ca. 432 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98237-4