Lesebericht: Was heißt es, ein Mensch zu sein?

Douglas Hofstadter> Douglas Hofstadter hat mit seinem Buch > Ich bin eine seltsame Schleife ein sehr persönliches Buch geschrieben. Es geht um die Frage, was es bedeutet, ein Bewußtsein zu haben. Dieser Band ist eine Fortsetzung seines Buches > Gödel, Escher, Bach. Ein Endloses Geflochtenes Band, das bei Klett-Cotta schon in der 18. Auflage erschienen ist. Es sind sehr persönliche Erinnerungen, mit denen Hofstadter seinen Lesern die Entwicklung seines Buches erklärt. Schicksalsschläge in seiner Familie haben auch eine Rolle gespielt. Aber er weist ausdrücklich darauf hin, daß es nicht um ihn geht, sondern um die Vorstellung von „Ich“. (S. 23) Immer wieder trifft der Mensch Entscheidungen, denen er sich nie entziehen kann. Eine von Hofstadters Glaubensgundsätze ist seine Überzeugung, daß die Seele erst allmählich (S. 48) im Lauf einer Entwicklung entsteht. Wie denkt man, lautet eine der wesentlichen Fragen in diesem Buch. Eine der Hilfestellungen, um die komplexen Beziehungen zwischen Gehirn un Geist zu verstehen ist das Kranikulleum (s. Hofstadter, Metamagicum. Fragen nach der Essenz von Geist und Struktur, Klett-Cotta, Stuttgart 1988, – leider vergriffen – 25. Kapitel: ein Dialog zwischen Achill und Herrn Schildkröte, der die Kranikulleum- Matapher erläutert.) Damit wird die Dynamik in einem Billardtisch bezeichnet, mit Myriaden kleinster Kugeln, die ohne Reibung mit Impuls und Drehimpuls durcheinander wirbeln. Die vielen Anspielungen, Erinnerungen, Beispiele aus dem täglichen Leben und aus der Technik mit immer neuen Assoziationen passen zu diesem Gedankenexperiment, mit dem Hofstadter sein Buch einleitet und auf Seite 139 wieder aufnimmt.

Als er 15 Jahre alt war, entdeckt er in einer Buchhandlung das Buch „Der Gödelsche Beweis“ von Nagel und Newmann (München, Wien, 1964), in dem es um „Meta-Mathematik“ und „Meta-Sprache“ ging. Es ging um Sprache und logisches Denken und wie Mathematik sich auf sich selbst bezieht, wie es in ihr um sie selbst geht und das fesselte das Interesse Hofstadters, der hier ein solches Schliefen-Phänomen fand, das ihn fortan immer interessiert hat. Dazu gehören auch alle Formen von Feedback einschließlich der Video-Sequenzen, die zur Selbstwahrnehmung beitragen, über die er in Gödel, Escher und Bach berichtet hat.

Sprache und Mathematik führen zu erstaunlichen Überlegungen, wie die Paradoxien von Mr. Berry aus der Bodleian Library von 1904 aus denen Kurt Gödels Theorien entstanden sind. Sein formales System, das in den Prinicipa Mathematica, Hofstadter führt hier die Abkürzung PM ein, das die Ableitung von Sätzen unterstützt. Der Ansatz Hofstadters soll jetzt hier gar nicht im einzelnen detailliert vorgetragen werden, aber Matheinteressierte und auch diejenigen, die es gar nicht sind, werden im Kpaitel 9 Muster und Beweisbarkeit erstaunliche Einsichten in die Fähigkeiten der Mathematik und die Möglichkeiten mathematischen Denkens finden. Im Kapitel 10 geht es um die Fibonacci-Zahlen, jede neue Zahl entsteht durch Addition der beiden vorherigen. Kapitel 11 erklärt den Schritt von der Analogie zur Bedeutung. Danach geht es wieder um das Ich Die unverbrüchliche Flüchtigkeit meines Ichs und dann im Kapitel 14 um die Seltsamkeit der Ich-Schleife.
Nein die Pflicht zur Kürze des Blogbeitrags kommt mir hier gar nicht zur Hilfe, sie ist ein Hindernis, jetzt mehr über meine Leseerfahrung zu berichten. Aber das ist auch nicht unbedingt notwendig, da der Hinweis auf die ansteckende Art und Weise Hofstadters, mit der er ganz praktische Beispiele aus der Mathematik nutzt, um über das Denken zu reflektieren, Ansporn genug sein dürfte, zum Beispiel auch für Schüler, um die dröge Schulmathematik mit Leben zu erfüllen. Manchmal wirkt der Autor gar ein wenig abgedreht, wenn es im Kapitel 22 um den Laubosophen geht. Das klingt zuerst seltsam, läßt man sich darauf ein, versteht man, wie Hofstadter Fragen stellt, man lernt Fragen zu stellen und neugierig zu werden. Würden wir jetzt in einem Seminar zusammensitzen, könnten wir wunderbar über die Thesen von Hofstadter diskutieren. Ich bin mir nicht sicher, ob der Mensch wirklich ein so selbst referentielles Wesen ist, wie Hofstadter ihn beschreibt. Für das Verständnis von Erziehungsprozesse gibt er bestimmt sehr interessante Hinweise, aber das Überschreiten von Situationen ist genauso wichtig. Genug, es ist ja ein Blogbeitrag „Ich habe das Buch gelesen“, keine > Rezension, kein Werbetext.

Douglas Hofstadter, > Ich bin eine seltsame Schleife, Aus dem Amerikanischen von Susanne Held (Orig.: I Am a Strange Loop), 1. Aufl. 2008, 27 sw-Abbildungen, 4 S. farbiger Tafelteil, 532 Seiten, ISBN: 978-3-608-94444-0

Douglas Hofstadter
Douglas Hofstadter, > Gödel, Escher, Bach. Ein Endloses Geflochtenes Band
Sonderausgabe mit einem Vorwort von Hofstadter von 2001 und einer Einführung von Gero von RandowAus d. Amerik. v. Hermann Feuersee, Philipp Wolff-Windegg. 18. Aufl. 2008, Ausstattung: 896 Seiten, ISBN: 978-3-608-94442-6