Es geht los im Spätherbst 1955. Eigentlich ein guter Jahrgang. Sol Eaglin, eingefleischter Kommunist, hat Rose die Ankunft eines „Ausschusses“ angekündigt. Was eben noch gemeinsame Sache konnte schnell ins Exil übergehen. Wie schnell wurden Genossen zu Feinde. Ein kleines Fehlverhalten genügte. Ich mag Romananfänge, z. B. die von Balzac, wo im ersten Absatz gesagt wird, wer gerade wo, zu welchem Zeitpunkt was macht. Rose lauscht durch die gekippten Fenster in die Dunkelheit hinaus, wo die Genossen mit einer unangenehmen Botschaft für sie gleich herkommen werden. Oder einige genossen machen sich auf den Weg, um Rose eine ungünstige Nachricht zu überbringen.
Umblättern. Mit Eaglin ist der Ausschuss zu fünft. Keine Dialektik mehr, Diktate. Was sollen diese jungen Männer ihr anhaben können. Sie hatten weder den Ausbruch des europäischen Faschismus noch die Volksfront miterlebt. Allenfalls Sklaven der Partei waren sie. Eaglin, ihr früherer Liebhaber geniert sich. Die Männer ducksten herum, Rose war klar, was da kommen würde.
Umblättern. Sie trete für die Bürgerrechte ein… und dann auch noch die Negerrechte. „Ich hatte ein paar Sklaven,“ gesteht Rose, sie habe sie alle freigelassen. Die Geschichte mit dem schwarzen Cop. Rose verstand dass ihr Posten als Parteisekretärin auf dem Spiel stand. Rose bittet Eaglin für einen Moment in den Garten …
Nehmen Sie das Buch in der > nächsten Buchhandlung zur Hand, fangen Sie auf der ersten Seite an zu lesen, sowie wie der Anfang dieses Beitrags geht, S. 15., und lesen Sie dann weiter… wahrscheinlich hören Sie als nächstes die deutlich wiederholte Aufforderung, „Entschuldigung, wir möchten jetzt schließen.“
Jonathan Lethem
> Der Garten der Dissidenten
1. Aufl. 2014, aus dem Amerikanischen von Ulrich Blumenbach (Org.: Dissident Gardens), 476 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-50116-2