Lesebericht: Camille de Toledo, Goodbye Tristesse

Goodbye TristesseCamille de Toledo (Jahrgang 1976) heißt eigentlich Alexis Mital und ist der Enkel des Gründers der Danone-Gruppe in Frankreich. In seinem Buch Goodbye Tristesse legt er Bekenntnisse eiens unbequemen Zeitgenossen vor. Er zählt alle heutigen wirtschaftlichen, politischen Fragen und Probleme im Zeichen der Globalisierung auf und vermittelt den pessimistischen Eindruck, daß jeder Widerstand aufgrund Vereinnahmungen aller Art aussichtslos erscheint. „Meine Seele hat Asthma“, schreibt de Toledo im ersten Satz und meint damit: „Die Gegenwart bereitet mir Schmerzen.“ Sein Unbehagen ist ein diffuses Gefühl eingesperrt zu sein. Eine Art Endzeitstimmung taucht bei ihm auf und Desillusionierung, Rückzug, Hoffnungslosigkeit und Lachen sind die Folgen. Welche Art von Opposition bleibt dann noch? Der künstlerische oder der gesellschaftliche Protest? De Toledo versucht sich an seien letzten Jugendjahre zu erinnern, was hat ihn geprägt? Wie kam es zu dem Gefühl, verraten worden zu sein? Auch das Internet mit einer Vorspiegelung des Lebens als Information hat dazu beigetragen, daß alte Kategorien wie Sein und haben sich auflösen. Vieles scheint zwischen „Virtualität und Wirklichkeit“ stehengeblieben zu sein. Die „fließende Welt“ (S. 112) mit allen Folgen des just in time wird als die große Vorspiegelung begriffen. Und dann kommen Sätze wie diese “ Fast erscheint es so, als würde man von den Manien der jeweiligen Epoche gezwungen, an sie zu glauben.“ (S. 115)

Über zwei Elitehochschulen wie das Institut d’études politiques in Paris und die Londer Scholl of Economics äußert sich de Toledo kritisch: „Die Eliteuniversitäten markieren dich stärker als schlechtes Parfüm…“ (S. 157) Ich fand damals das Jahr als freier Hörer und dann das Année préparatoire von Sciences Po gar nicht schlimm, im Gegenteil, das war doch ein wunderbares Sprungbrett für alles weitere. Es kommt ja drauf an, was man selber draus macht. – Alle wichtigen gesellschaftlichen Theorien seit den achtziger Jahren von Foucault, Deleuze/Guattari und Baudrillard, werden von de Toledo genannt und einer kritischen, wenn auch vorgefaßten und einseitigen Bewertung unterzogen. Fast scheint es so, daß Modeideen kommen und gehen. Die vielen Anspielungen auf Ideengeber aller Art zeigen auch, das die Kritiker der Globalisierung nolens volens sich diesem Phänomen nicht entziehen können, womit aber nicht dieser Ausdruck bestätigt wird, sondern seine Bedeutung kritisch hinterfragt wird. Dieses Buch bietet eine ganz praktische persönliche Auseinandersetzung mit diesen Theorien, auch wenn der Autor sie aus vielerlei Gründen zu verwerfen scheint. Er prüft auch die verschiedenen Momente der Revolte. Und schreibt am Schluß: „Und dann gehe ich zurück auf Los.“ Die Revolte im Sinne Camus‘ und ihr Ergebnis wären aber die Geschichte eines zweiten Bandes. Hier geht es erstmal um eine spannende Analyse, die streckenweise auch ein wenig atemlos geschrieben wurde, der man manchmal zustimmt, sie auch mal gar nicht teilt. Ein Zeitdokument ist dieses Buch aber ganz bestimmt.