Lesebericht: Massimo Carlotto, Arrivederci amore, ciao

Arrivederci, amore, ciaoDieses Buch ist nichts für die S-Bahn. Nehmen Sie es nicht mit, denn wenn Sie von Bad Cannstatt zur Station Feuersee fahren, steigen Sie garantiert erst in Vaihingen oder gar noch später aus. Zuerst wird an die Artikel 178 „La riabilitazione estingue le pene accessorie ed ogni altro effetto penale della condanna, salvo che la legge disponga altrimenti.“ und > 179 : „La riabilitazione e‘ conceduta quando siano decorsi cinque anni dal giorno in cui la pena principale sia stata eseguita o siasi in altro modo estinta, e il condannato abbia dato prove effettive e costanti di buona condotta.“ des italienischen Strafgesetzbuches erinnert, die die Wiedereinsetzung in frühere Rechte festlegen, wenn fünf Jahre seit dem Ende der Haftstrafe vergangen sind und der Verurteilte „wirkliche und dauernde Beweise guter Führung“ gezeigt hat. Und dann nimmt die Geschichte ihren Lauf. Nach vier Sätzen auf der ersten Seite begeht Giorgio Pellegrini als Guerillakämpfer einen kaltblütigen Mord.

In Italien kann er sich nicht mehr blicken lassen, weil er dort gesucht wird. Aber dann kehrt er doch zurück, der Verrat eines Kameraden verschafft ihm mildernde Umstände, ein par Jahre hinter Gitter. Dann hilft ihm ein korrupter Beamter und Pelegrini kommt frei. Er findet eine Stelle in einem obskuren Nachtklub, in dem nachts das ganze Programm abläuft. Pellegrini verdient gut mit miesen Geschäften, bleibt weiterhin auf der schiefen Bahn, hat wieder Frauengeschichten. Und wird immer wieder in alle möglichen großen und kleinen Missetaten hineingerissen, aus Gewohnheit und aus Gefälligkeiten für die bösen Kollegen. Dann bekommt er einen Tip. Es geht um mehr als eine Milliarde – nur Lire, aber immerhin. Er sammelt um sich mehrere Gangsterkollegen. Der Geldtransporter wird observiert. Es kommt zum Überfall, der gar nicht geschildert wird, sondern nur anhand der Zeitungsberichte rekonstruiert wird. Das ist eine richtig fesselnde Passage. Der Leser weiß alle Einzelheiten und liest, was die Medien darüber sich zusammenreimen. Dann wird díe Beute geteilt und einige Mittäter kriegen außer Kugeln nichts ab. Pellegrini hat erstmal genug – Geld, zieht in eine Stadt im Veneto. Und baut sich mit guten Vorsätzen eine neue Existenz auf. Er übernimmt ein Restaurant, hat Erfolg, hat einen Anwalt, der seine Einsetzung in die früheren Rechte betreibt. Roberta erscheint auf der Bildfläche, Pellegrini plant die Hochzeit. Dann holt ihn die Vergangenheit ein. Der korrupte Kommissar taucht wieder auf. Genug, hier höre ich auf, aber beim Lesen habe ich nicht aufhören können. Gut, daß ich gestern nicht in der S-Bahn, sondern zu Hause war.

Massimo Carlotto
Arrivederci amore, ciao Z. Zt. nicht lierferbar
Roman
Aus dem Italienischen
von Hinrich Schmidt-Henkel
192 Seiten, gebunden mit SU
ISBN 978-3-932170-94-2