Lesebericht: David Whitehouse, Der Blumensammler

In > Der Blumensammler von David Whitehouse, übersetzt von Dorothee Merkel, erscheint zuerst Professor Cole, der im wahrsten Sinne des Wortes in eine sehr seltsame, unglaubliche Geschichte verstrickt ist, und nur in allerletzter Sekunde dem sicheren Tod entgehen kann.

Dove beantwortet Notrufe in einem Call-Center in London, Len und Maud haben ihn einst adoptiert. Seine starken Kopfschmerzen bereiten ihm Probleme und bringen auch sein Erinnerungsvermögen durcheinander.

Mit Peter Manyweathers beginnt eine dritte Geschichte in diesem spannenden Buch. Er hat einen Reinigungsservice und entdeckt bei seiner Arbeit eine seltsame Blume. Er eilt in die Bibliothek und findet dort in einem Buch über Blumen einen Liebesbrief, in dem mehrere seltene Blumen von der Gibraltar-Lichtnelke über die Kadupul-Blume bis zur Todesblume genannt werden. Nach der Begegnung mit dem Dänen Hans Berg fällt die Entscheidung, beide brechen auf, um nacheinander diese Blumen zu suchen.

Diese drei Erzählungen treffen aufeinander und gehen ineinander über, so dass sich in diesem Roman auch ein kleiner, präziser Traktat über die Kraft der Erinnerungen verbirgt: „Das ist genau das Problem bei Erinnerungen“, sagt Rita, „Man kann sie sich nicht aussuchen. Wenn man sich nur an das erinnern würde, an das man sich auch erinnern möchte, da gäbe es keine gebrochenen Herzen.“ (s. 273) Rita? Dove begegnet ihr, weil er eine Information aus einen Notfall-Center unbedingt verfolgen will. – Und dann ist da noch die „Dualität seines Daseins“, (S. 198) mit der Dove immer zu kämpfen hat.

Welche Bedeutung haben die Blumen? Das muss der Leser entscheiden. Dieser Lesebericht sollte nicht darüber schreiben, was Whitehouse aus diesen drei Erzählungen macht, dann würden Sie nur noch das Buch lesen, um herauszufinden, wie er das anstellt. – Wie im richtigen Leben gehören dazu sehr abstruse Zufälle aber auch die Macht der Erinnerung, die hier den Verlauf der Geschichte bestimmt und vorantreibt. Und dann kommen wieder die Blumen ins Spiel. Die Macht der Leidenschaft, das ist ihr Part. Neugier, Hartnäckigkeit gepaart mit Abenteuerlust treiben die Geschichten voran.

Und immer wieder Erinnerungen an Begegnungen, nicht erfüllte Liebessehnsüchte, oder vergangene Beziehungen, Erinnerungen, die die Protagonisten nicht missen möchten. Wehmut und Kummer über verpasste Chancen oder schlicht über frühere Zeiten schwingen mit.

> Der Blumensammler ist kein Krimi, wenn sie aber z.B. in einem Zug anfangen zu lesen, hören sie nichts mehr um sich herum, bis Sie auf der letzten Seite angekommen sind, den verpassten Umstieg eingeschlossen. Und dann ist da auch noch die so plastische Erzählung, die diese Geschichte wie Kino vor Ihnen erscheinen lässt.

Dove und sein Schmerz: „Der Schmerz ist jetzt noch viel intensiver als zuvor, viel schärfer und unmittelbar, er ist eine Klinge, die ein Loch in sein Inneres schneidet,, es aufspreizt und dafür sorgt, dass etwas ganz Neues eindringen kann.“ S. 157. Das klingt zuerst gar nicht gut, aber auf einfache Weise wird die Erinnerung mit dem verbunden, was man landläufig als „Es muss weitergehen“ bezeichnet. Es sind nicht nur die (Ge-)Schichten aus der Vergangenheit, es geht auch um ihren Einfluss auf die Entwicklung der Protagonisten, die auf das erstaunliche Finale hinsteuern. und Dorothee Merkel hat als Übersetzerin ganz gewiss die richtige Balance der Sprache für diesen Roman gefunden. Gehen Sie in die Flora Ihrer Stadt und die Begegnungen mit den seltenen Blumen bewirkt auch etwas in Ihnen und in Ihrem Leben.

David Whitehouse
> Der Blumensammler
Roman
Aus dem Englischen von Dorothee Merkel
(Orig.: The Long Forgotten)
1. Aufl. 2018, 346 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-50373-9

Es geht hier nicht um die englische Qualität der Fragen, es geht um David Whitehouses > Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek, das ein sehr gelungenes Buch. Wir haben den Autor nach einer Summary gefragt… aber wir wollten von ihm auch wissen, ob er die Charaktere zuerst angelegt hat, oder ob er die Rahmenhandlung zuerst angelegt hat. Und da kam es raus, er ist in einer Mobile library aufgewachsen. Sein Buch erklärt wie Literatur uns neue Welten öffnet, die Verschränkung der Geschichte im Buch mit den Geschichten der zitierten Bücher und Roses Bemerkung, die Geschichten der Bücher präjudizieren das, was wir im Leben erleben werden, trifft auch die Vorhersage, die man in Büchern findet. > Bitte weiterlesen

David Whitehouse,
> Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek
Roman, Aus dem Englischen von Dorothee Merkel (Orig.: Mobile Library)
1. Aufl. 2015, 315 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-50148-3

 

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