2001 landete PeterLicht mIt seinem Lied vom Sonnendeck den Underground-Sommerhit. Auf sein erstes Buch »Wir werden siegen – Buch vom Ende des Kapitalismus« folgte 2008 »Die Geschichte meiner Einschätzung am Anfang des 3. Jahrtausends«, wofür er den Publikumspreis und den 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt erhielt. 2014 erschienen das Buch und das gleichnamige Album »Lob der Realität«. PeterLicht ist dem Theaterpublikum in Deutschland als Dramatiker bekannt. Jetzt ist bei Tropen sein Roman > Ja okay, aber erschienen.
Seine Phänomenologie der Arbeitswelt vornehmlich demonstriert am Beispiel einer Coworking-Einrichtung erzählt die Geschichte eines Mannes mittleren Alters, der sich dort zwecks der Arbeit einmietet. Welcher Art der Beschäftigung er dort nachgeht bleibt weitgehend im Verborgenen, umso deutlicher schildert er die äußeren und inneren Umstände dieser Coworking-Welt und ihrer Bewohner, die alle möglichen Berufe vertreten, natürlich auch den Typ, von dem niemand genau weiß, was er eigentlich macht. man lebt hier nicht, man worked. Mit viel Kaffee aus einer großen Maschine, die alle möglichen Spezialgebräus zubereitet und DER soziale Treffpunkt dieser Coworkingwelt ist.
Es ist gar nicht ausgemacht, dass unser Mann mittleren Alters in dieser Workingszene gut vorankommt, aber er will vorankommen, das ist sein steter Vorsatz und beschäftigt unaufhörlich sein Minds und ist workingbereit: „Ich drücke den Stift, den ich in Händen halte, und warte, welches Wort kommt.“ (S. 28) Die Überlastung hält sich in Grenzen, aber die innere Erwartungshaltung, es möge weitergehen, ist durchaus zu spüren.
Der ständige Treibstoff ist der Kaffee und sein Kochen, bloß nicht Brühen, scheint die Grundvoraussetzung für die Existenz oder die Möglichkeit dieses Coworkens überhaupt zu sein.
So nach und nach schließen wir mit seinen Coworkingkollegen Bekanntschaft. Die Allroundkünstlerin scheint es ihm angetan zu haben, sie will ihn in einer Krisensitution filmen und schreitet tatsächlich zur Tat, die unseren Mann mittleren Alters zu einer Außenaufnahmen innen in einer Schwimmbadrutsche führt. Bevor sie ein erstes Gespräch führen, muss sie erst in seinem Büro warten und warten, weil unser Mann sich beim Kaffeegang mit dem Architekten um eine gute halbe Stunde verquatscht hat.
PerterLicht hat die Bürocoworkingathmosphäre vorzüglich eingefangen. Schon die Verhandlung unseres Mannes mit der Allroundkünstlerin taucht in die moderne Welt der Verhandlungen ein. Sie Breitet Ihre Ideen aus und unser Mann scheint schient völlig überfordert, nickt und macht mit.
Wenn ihm Leute auf dem Coworkinggang begegnen, haben sie immer eine Kaffeetasse fest in der Hand und alle beherrschen mehr oder weniger gut die „Pirsch- und Schritttechnik“, damit der Treibstoff auch im Becher bleibt.
„Ich halte mein MIND und LEBEN hin und die Arbeit entsteht,“ (S. 78) ist die prägnante Kurzfassung von so manchem Büroleben, in dem der Begriff Arbeit, meist mit viel zu viel konnotiert wird, aber die inneren Strukturen das schnelle Voranschreiten gar nicht im Blick haben.
Man kann auch Stundenkontingente buchen, wie die junge Lehrerin es tut. Der Hundeführer… der Armutsforscher… gehören zu diesem Space, in dem auch Gruppenarbeitsplätze zur Verfügung stehen.
Vorankommen will unser Mann, aber so richtig kommt er übers Stiftfesthalten nicht hinaus. zu allem Überfluss meldet sich auch noch Shorzi an und will ein bisschen mitwohnen… unser Mann denkt an die Matratze, die an der Bürotür hängt. Übrigens, die Türen sind immer offen und werden vielleicht nur geschlossen, wenn richtig geschafft wird.
Die gemeinsame Coworkingparty kommt.
Ist > Ja okay, aber gar auch eine Persiflage auf die moderne Arbeitswelt, in der die vielen Versprechungen von Miteinanderarbeiten in einzelne abgeschottete Arbeitsplätze auflösen, die nur mit viel Kaffee und viel Abstimmungsprozessen wieder zusammengeführt werden könnten? Oder zeigt PeterLicht hier ein Einzelschicksal seines Romanheldens, der arbeiten will, aber wegen der Umstände gar kein Verhältnis zu seiner Tätigkeit findet? Sind Großraumbüros eine Lösung für ein Neues Miteinander? Oder macht der Roman so nachdenklich, weil allen, die das Büroleben kennen, hier mehr als so manches bekannt vorkommt?
PeterLicht
> Ja okay, aber
Tropen, 1. Aufl. 2021, 240 Seiten, Gebunden
ISBN: 978-3-608-50519-1