Mein Leseexemplar trage ich schon seit drei Wochen mit mir herum. Nicht vor dem 29. August besprechen, steht auf der Innenseite. Schon nach der Lektüre des ersten Romans > Arrividerci, ciao, amore hatte ich hier schon angemerkt, dass der Roman nichts für eine kürzere S-Bahn-Fahrt sei. Sie fahren bestimmt zu weit. Massimo Carlottos neuer Roman Die dunkle Unermesslichkeit des Todes ist nicht weniger spannend, wenn auch ganz anders gestrickt. Zwar geht es auch hier gleich auf der ersten Seite um ein Verbrechen. Aber hier wird das kriminelle Unwesen von einer ganz anderen Seite beleuchtet. Es geht hier nicht mehr darum, daß ein Berufsverbrecher versucht, sich einen anderen Beruf zu suchen. Hier geht es um einen unbescholtener Bürger, der der Versuchung und dann dem Drang zum Verbrechen nicht widerstehen kann. Und viele Umstände helfen dabei. Die Polizei scheint etwas amtsmüde und verdrossen, einer ihrer Vertreter hat auch gewisse Makel, kommt nicht recht weiter. Die Schilderung der offiziellen Personen mit ihren Fehlern, die schnell wechselnden Schauplätze, überhaupt die wechselseitige Beleuchtung der einzelnen Charaktere in diesem Roman, ihre jeweiligen Kapitel konzentrieren sich auf ihre sehr schnelle Entwicklung, die von den Umständen und den anderen Mitspielern abhängen, treiben die Spannung voran. Der einzige Punkt, in dem dieser Roman anderen Kriminalromanen ähnelt ist der Versuch des perfekten Verbrechens und der Zufall – fast schon eine oben verordnete Moral -, der ihn scheitern lässt. Ansonsten ist alles anders. Dieser Roman hält auch im Scheitern des Mordplans noch eine überraschende Wendung parat.
Genau. Über den Inhalt will ich eigentlich gar nichts verraten, weniger, als auch auf der Innenseite des Umschlags steht, aber doch so viel, dass die Handlung so überzeugend wirkt, weil hier geschildert wird, wie die Gesellschaft und die Handlungen, die Blößen und die Schwächen der Mitspieler ein weiteres grausames Verbrechen ermöglichen. Der Grat auf dem man zwischen Vergebung und Rache wandelt, ist manchmal schmal, und die Umstände, die den Protagonisten nach der einen oder anderen Seite fallen lassen, sind oft oder immer dem Zufall und nicht unbedingt der Moral unterworfen. Heftig, sagte ich einem Freund, der das Buch auch schon gelesen hat. – So ist das Leben, antwortete er. Also Rache oder Vergebung? Ist die Moral für die Entscheidung zuständig oder nicht?
Massimo Carlottos, > Die dunkle Unermesslichkeit des Todes Roman
Aus dem Italienischen von Hinrich Schmidt-Henkel
(Orig.: L‘oscura immensità della morte)
Auflage: 1. Aufl. 2008
Ausstattung: gebunden mit Schutzumschlag, 188 Seiten.
ISBN: 978-3-608-50200-8